Bis 2039 erreicht fast jeder dritte Erwerbstätige das Rentenalter

Berlin (Reuters) – In den kommenden 15 Jahren werden knapp ein Drittel der Erwerbspersonen in Deutschland in den Ruhestand gehen.

Bis 2039 werden rund 13,4 Millionen Erwerbspersonen das gesetzliche Renteneintrittsalter von 67 Jahren überschritten haben, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Das entspricht 31 Prozent aller Erwerbspersonen, die dem Arbeitsmarkt im vergangenen Jahr zur Verfügung standen. Mit der Generation der sogenannten Babyboomer gehe in den kommenden Jahren die zahlenmäßig stärksten Jahrgänge in den Ruhestand. “Jüngere Altersgruppen werden die Babyboomer zahlenmäßig nicht ersetzen können”, betonten die Statistiker.

Ökonomen zufolge schmälert diese Entwicklung die Wachstumsperspektiven in Deutschland. “Dies bringt auf längere Sicht die sozialen Sicherungssysteme unter Druck, weil mehr Menschen von weniger Beitrags- und Steuerzahlern versorgt werden müssen”, sagte Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). “Dies verschärft insgesamt die Verteilungskonflikte.” Ohne grundlegende Reformen steige die Abgabenquote, was wiederum den Standort für Investitionen und qualifizierte Arbeitskräfte unattraktiver mache. Damit drohe eine Abwärtsspirale aus steigenden Abgabensätzen und Abwanderung der Gutqualifizierten, die typischerweise auch besonders mobil seien.

Zum Gegensteuern rät Kooths zur Reform des Rentensystems, beginnend mit der Wiedereinführung des sogenannten Nachhaltigkeitsfaktors, der Rentensteigerungen bei weniger Beitragszahlern automatisch dämpft. Sozialer Ausgleich solle möglichst an einer Stelle konzentriert und nicht über vielerlei Instrumente und Träger verteilt werden, die in der Summe das System dysfunktional machten. Mit einem Selbstbeteiligungs- und Prämienmodell könne zudem der Versicherungscharakter der Gesetzlichen Krankenversicherung gestärkt werden, so der IfW-Experte.

Obwohl die 60- bis 64-Jährigen bereits im Übergang zum Ruhestand waren, stellten sie im vergangenen Jahr noch 4,4 Millionen Erwerbspersonen. Das entspricht einer Erwerbsquote von 68 Prozent in dieser Altersgruppe. Von den jüngeren Babyboomern im Alter von 55 bis 59 Jahren war ein deutlich höherer Anteil (85 Prozent) noch am Arbeitsmarkt aktiv. Mit 5,6 Millionen stellten sie über alle Altersgruppen hinweg die meisten Erwerbspersonen.

Beide Altersgruppen umfassten zusammen 10,0 Millionen Erwerbspersonen und damit mehr als die jüngeren Altersgruppen bis 54 Jahre. Zwar hatten sowohl die 45- bis 54-Jährigen als auch die 35- bis 44-Jährigen mit 90 beziehungsweise 89 Prozent die höchsten Erwerbsquoten. Allerdings reichte die Zahl der Erwerbspersonen mit 9,3 und 9,8 Millionen nicht ganz an die der Babyboomer heran.

Auch die 25- bis 34-Jährigen lagen mit 9,0 Millionen Erwerbspersonen deutlich unter der Zahl der Babyboomer. “Gleiches galt für die beiden jüngsten Altersgruppen unter 25 Jahren, die sich teilweise noch in ihrer Ausbildungsphase befanden und erst nach Abschluss ihrer Ausbildung vollumfänglich für den Arbeitsmarkt aktiviert werden könnten”, so die Statistiker.

(Bericht von Rene Wagner; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

tagreuters.com2025binary_LYNXMPEL820TV-VIEWIMAGE