Regierung stößt weitere Maßnahmen zur Senkung der Energiepreise an

Berlin (Reuters) – Die Bundesregierung hat mehrere Gesetzentwürfe auf den Weg gebracht, um die weiterhin sehr hohen Energiepreise in Deutschland zu drücken.

Das Kabinett gab am Mittwoch grünes Licht für eine Absenkung der Stromsteuer für die Industrie sowie die Land- und Forstwirtschaft, wie das Finanz- und das Wirtschaftsministerium gemeinsam in Berlin mitteilten. Sie sollen dauerhaft nur den EU-Mindeststeuersatz von 0,5 Cent je Kilowattstunde zahlen. Die Stromsteuersenkung führt 2026 zu Steuermindereinnahmen von 1,5 Milliarden Euro, ab 2027 dürften es dann drei Milliarden pro Jahr sein. Außerdem soll es 2026 einen Zuschuss des Bundes zu den Übertragungsnetzentgelten in Höhe von 6,5 Milliarden Euro geben, von dem auch Haushalte profitieren. Anfang August hatte die Regierung bereits die Abschaffung der Gasspeicherumlage ab 2026 beschlossen.

“Durch niedrigere Energiepreise sichern wir Arbeitsplätze in Deutschland”, sagte Bundesfinanzminister und SPD-Co-Chef Lars Klingbeil. Es würden bei der Stromsteuer zunächst über 600.000 produzierende Betriebe profitieren. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) ergänzte, es sei keine einmalige Entlastung. Die Stromkosten würden in den nächsten vier Jahren um insgesamt 26 Milliarden Euro gesenkt. Den Ministerien zufolge wird eine Familie mit bis zu 100 Euro im Jahr bei den Stromkosten entlastet. “Die bereits beschlossene Abschaffung der Gasspeicherumlage entlastet Familien um rund 50 Euro im Jahr.”

Der Automobilverband VDA verwies darauf, dass der Strompreis in Deutschland derzeit bis zu drei Mal so hoch ist wie in den USA oder China. “Die hohen Stromkosten belasten zum einen die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen der deutschen Automobilindustrie und bremsen zum anderen den Hochlauf der Elektromobilität aus, weil Ladestrom zu teuer ist”, so VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Alle Unternehmen und auch Verbraucher müssten von der Absenkung profitieren. “Hier muss die Koalition dringend nachbessern.”

Die Entgelte zur Nutzung des Stromnetzes machten mittlerweile einen beträchtlichen und wachsenden Anteil der Stromkosten aus, ergänzte Müller. Die Bundesregierung müsse daher für Klarheit sorgen, wie eine Entlastung über 2026 hinaus verbindlich festgeschrieben werden solle. “Zudem ist die im Koalitionsvertrag angekündigte Deckelung der Netzentgelte unverzüglich umzusetzen.” Das Wirtschaftsministerium teilte mit, der Zuschuss zu den Übertragungsnetzkosten sei für vier Jahre gesichert. Die Umsetzung für 2027 werde zeitnah folgen.

NÄCHSTER SCHRITT KÖNNTE EIN INDUSTRIESTROMPREIS SEIN

Die Gewerkschaft IG Metall teilte mit, die jetzigen Entlastungen seien ein wichtiges Signal, kämen aber sehr spät. “Gerade für die energieintensive Industrie kann dies nur ein allererster Schritt sein. Der nächste Schritt muss jetzt schnell folgen: ein international wettbewerbsfähiger Industriestrompreis, wie er im Koalitionsvertrag angekündigt ist.” Sonst drohten weitere Jobs verloren zu gehen, etwa in der Stahlbranche, die auch mit sehr hohen US-Zöllen zu kämpfen hat. Die Regierung müsse schnell ein Konzept für einen Industriestrompreis vorlegen.

Der Handelsverband HDE kritisierte, dass anders als im schwarz-roten Koalitionsvertrag vorgesehen die Stromsteuersenkung nicht für alle kommt, sondern nur für die Industrie. “Ohne bezahlbare Strompreise für alle sieht der Verband die Existenzen zahlreicher Handelsunternehmen und die Erholung der Konsumstimmung in Deutschland in Gefahr.” Die Bundesregierung verspiele mit dem gebrochenen Versprechen Vertrauen. Der Verband der Familienunternehmer beklagte, dass viele Mittelständler nicht profitierten.

(Bericht von Christian Krämer; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

tagreuters.com2025binary_LYNXMPEL820IQ-VIEWIMAGE