Düsseldorf (Reuters) – Im Prozess um den Messeranschlag von Solingen hat das Oberlandesgericht Düsseldorf am Mittwoch einen 27-jährigen Syrer schuldig gesprochen. Das Gericht verurteilte Issa Al H. zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung.
Die Bundesanwaltschaft hatte die Höchststrafe gefordert. Sie hatte dem Mann unter anderem dreifachen Mord und Verbindungen zur islamistischen IS-Miliz vorgeworfen. Der Syrer hatte zu Prozessbeginn im Mai ein Geständnis zu der Tat auf dem Solinger Stadtfest am 23. August 2024 abgelegt. Er habe Unschuldige getötet, nicht Ungläubige. Die Tat hatte den Streit über Flüchtlingspolitik befeuert und Rufe nach härteren Gesetzen verstärkt.
“Es ist zu erwarten, dass der Angeklagte weitere Straftaten begehen würde”, sagte der vorsitzende Richter des 5. Senats, Winfried van der Grinten. Eine Abkehr von seiner radikal-islamischen Gesinnung sei nicht festgestellt worden. Auch eine verminderte Schuldfähigkeit komme einem Gutachter zufolge nicht in Frage. Der Angeklagte habe aus niederen Beweggründen gehandelt und sei heimtückisch vorgegangen. “Keines der Opfer hatte mit dem Angriff gerechnet.” Der Angeklagte habe wahllos auf Besucher des Stadtfestes eingestochen – mehrfach in den Hals. Dabei habe er ein Messer mit einer Klingenlänge von 19 Zentimetern benutzt.
Sein Anschlagsziel habe er selbst ausgesucht und sei in Abstimmung mit dem IS vorgegangen. Der Syrer wollte, dass der IS die Tat für sich reklamieren werde, was er auch tat. Schon Jahre zuvor habe sich der Mann im Internet durch islamistische Medien radikalisiert. In Chatgruppen habe er Sätze gepostet wie “Ich schwöre bei Gott, dass ich Euch in Stücke reißen werde.”
“URTEIL IST SCHWERSTE ANTWORT AUF ANSCHLAG”
Mit der Höchststrafe folgte das Gericht dem Antrag der Bundesanwaltschaft. Das Urteil könne als denkbar schärfste Antwort auf einen der schwersten Anschläge der vergangenen Jahre bewertet werden, sagte Bundesanwalt Jochen Weingarten nach der Urteilsverkündung. Hinterleute des IS hätten sich in die Tat hinein verstrickt. “Diese Personen sind nach wie vor Gegenstand intensiver und nachhaltiger Strafverfolgung durch Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt.” Die Höchststrafe sei wichtig, sagte eine 26-jährige Frau, die zu den Opfern zählt. “Wenn nicht bei so einer Tat, wann sonst.” Sie wünsche sich, dass der Angeklagte irgendwann verstehe, was er getan habe und Reue verspüre. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen dieses könne Revision beantragt werden.
(Bericht von Tom Käckenhoff, redigiert von Philipp Krach.)