Frankfurt (Reuters) – In Erwartung von Zinssignalen der Europäischen Zentralbank (EZB) haben sich die Anleger am Donnerstag zurückgehalten.
Der deutsche Leitindex Dax trat bis zum Mittag bei 23.626 Punkten auf der Stelle. “Die Kaufbereitschaft der Anleger, die noch vor einem Monat bei Kursen unter 24.000 Punkten vorhanden war, ist weg”, sagte Jochen Stanzl, Marktanalyst von CMC Markets. Der EuroStoxx50 stand 0,2 Prozent höher bei 5370 Zählern. An der Wall Street hatte ein Kurssprung bei Oracle nach einer optimistischen Prognose für das Cloud-Geschäft am Mittwoch für Kauflaune gesorgt.
Zugleich festigten sich die Wetten auf eine baldige Zinssenkung der US-Notenbank. Die Fed hat die Inflationsentwicklung und den Arbeitsmarkt besonders im Blick, weswegen Anleger besonders auf Preisdaten am Nachmittag blicken. Von Reuters befragte Experten erwarten, dass die Jahresteuerungsrate bei den Verbraucherpreisen auf 2,9 Prozent geklettert ist, nach 2,7 Prozent im Juli. Bei der EZB rechnen Volkswirte hingegen damit, dass die Zinsen auf der ersten Zinssitzung nach der Sommerpause nicht angetastet werden. Am Devisenmarkt trat der Euro bei 1,1688 Dollar auf der Stelle.
MARKT WARTET AUF LAGARDE-KOMMENTARE ZU FRANKREICH
Die Aufmerksamkeit der Anleger richtet sich auf den geldpolitischen Ausblick von EZB-Chefin Christine Lagarde und mögliche Kommentare zur politischen Krise in Frankreich. Börsianer rechnen insgesamt damit, dass Lagarde im Abwarte-Modus verharrt. “Aus den Protokollen der Juli-Sitzung ging bereits hervor, dass sich die Währungshüter bewusst bedeckt halten wollen”, sagte Marktanalyst Neil Wilson vom Broker Saxo Markets. “Die Konjunktur- und Inflationsprognosen vom Juni dürften zudem kaum oder nur geringfügig geändert werden.”
Auch die Ausweitung der Zinsdifferenz zwischen französischen und deutschen Staatsanleihen sei nicht gravierend genug, um ein Eingreifen zu rechtfertigen, sagte Wilson. Am Donnerstag lag der Spread zwischen den zehnjährigen Titeln bei 81 Basispunkten. Die Unsicherheit über die Haushaltsstabilität Frankreichs hatte vergangene Woche zu einem Ausverkauf von Eurozonen-Anleihen geführt. Ohne Einsparungen drohen Frankreich Börsianern zufolge eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit. Spätestens am Freitag könnten die Märkte aufgeschreckt werden, wenn die Ratingagentur Fitch ihre Bonitätsbewertung für Frankreich bekannt gibt.
KERING STEIGEN DANK VALENTINO-AUFSCHUB
Anleger am Aktienmarkt griffen einmal mehr bei Rüstungswerten zu. Die Aktien von Rheinmetall, des Rüstungszulieferers Hensoldt und des Panzergetriebe-Herstellers Renk verteuerten sich zwischen rund einem und 2,7 Prozent. Für Verunsicherung sorgte zuletzt der Abschuss von russischen Drohnen über polnischem Luftraum.
Federn lassen mussten hingegen Autowerte. Der europäische Branchenindex verlor 0,7 Prozent. Größter Dax-Verlierer waren die Papiere von Mercedes-Benz mit einem Abschlag von 2,1 Prozent. Die Branche steht derzeit unter großem Druck: Die Gewinne der Konzerne brachen zuletzt ein, weil die US-Importzölle belasten.
An der Pariser Börse stiegen die Aktien von Technip Energies um 5,6 Prozent. Der Energieinfrastruktur-Konzern will das Geschäft mit Spezialchemikalien und Katalysatoren von der US-Firma Ecovyst kaufen. Die Übernahme sichere ein Geschäft, das sich sofort positiv auf den Cashflow und den Gewinn auswirke, sagte Analystin Victoria McCulloch von RBC Capital Markets. Kering-Aktionäre reagierten erleichtert auf das Verschieben der teuren Komplettübernahme von Valentino. Die Aktien des verschuldeten Gucci-Eigentümers, der die italienische Modemarke nun frühestens 2028 schlucken will, gewannen rund zwei Prozent.
(Bericht von Anika Ross, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)