Grüne warnen Regierung vor “Winter der Enttäuschung”

Berlin (Reuters) – Die Grünen haben der Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) Versagen und handwerkliche Fehler vorgeworfen.

Angesichts schlechter Wirtschaftsdaten und ausbleibender Sozialreformen forderten ihre Fraktionsvorsitzenden Britta Haßelmann und Katharina Dröge am Freitag Sofortmaßnahmen, um etwa einen Anstieg der Krankenkassenbeiträge zu verhindern. Merz habe für den Herbst vollmundig soziale Reformen angekündigt, aber keine Vorschläge zum Bürgergeld oder zur Zukunft der Rente geliefert, sagte Haßelmann vor einer eintägigen Fraktionsklausur. Stattdessen habe die Koalition 18 Kommissionen eingesetzt. Auf den angekündigten “Herbst der Reformen” werde ein “Winter der Enttäuschung” folgen. Dies wecke Erwartungen bei den Bürgern, produziere aber Enttäuschung und Vertrauensverlust.

Die Grünen rufen ihrerseits zu einem “Herbst des Klimawiderstands” auf. Dröge warf Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) eine Blockade der erneuerbaren Energien vor, insbesondere bei Solaranlagen. Reiche plane neue Gaskraftwerke und stelle das europäische Klimaziel infrage. Dies schade der Wirtschaft und den Arbeitsplätzen. “Wir als Grüne (…) schauen mit Sicherheit nicht zu, wie hier in Deutschland Klimaschutz abgewickelt wird”, sagte Dröge.

Eine für 2026 drohende Steigerung der Krankenkassenbeiträge könne verhindert werden, indem versicherungsfremde Leistungen wie die Beiträge für Bürgergeldbezieher aus Steuermitteln finanziert würden, sagte Haßelmann. Zudem forderten die Grünen, Gerechtigkeitslücken bei der Erbschaftssteuer zu schließen. Es sei nicht zu erklären, warum Unternehmensvermögen in Höhe von 26 Millionen Euro oder 300 Wohnungen steuerfrei vererbt werden könnten. Auch sollten Abgeordnete und Selbstständige künftig in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden.

Dröge warf dem Kanzler vor, sein Regierungshandwerk nicht zu verstehen. Merz habe seinen Amtsvorgänger Olaf Scholz (SPD) einst “Klempner der Macht” genannt. “Dieses Kompliment können wir Friedrich Merz nicht machen. Denn die Klempner in diesem Land, die verstehen ihr Handwerk”, sagte Dröge. Angesichts einer Arbeitslosigkeit auf dem höchsten Stand seit zehn Jahren und einer stagnierenden Wirtschaft seien die Maßnahmen der Regierung unzureichend. Die Grünen forderten eine Senkung der Stromsteuer für alle, Schutzinstrumente für die von US-Zöllen betroffene Stahlindustrie und einen Aktionsplan für die Elektromobilität.

(Bericht von Holger Hansen, redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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