Berlin (Reuters) -Die wacklige Konjunkturerholung in Deutschland erhält dem Ifo-Institut zufolge einen deutlichen Dämpfer. “Der erhoffte Aufschwung legt eine Pause ein”, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters nach dem überraschenden Rückgang des Geschäftsklima-Barometers im September, nach zuvor sechs Anstiegen in Folge. Der Index signalisiere die Enttäuschung der Unternehmen: “Die Politik liefert nicht”, erklärte der Ifo-Umfragechef. “Der deutschen Wirtschaft fehlt es an Eigendynamik.” Ohne Strukturreformen gebe es keine echte Erholung. “Auf unserer glorreichen wirtschaftlichen Vergangenheit kann man keinen neuen Aufschwung aufbauen.”
Die Stimmung in den Chefetagen der Unternehmen trübte sich unerwartet ein. Der Ifo-Geschäftsklimaindex sank auf 87,7 Zähler, nach 88,9 Punkten im August, wie das Münchner Ifo-Institut zu seiner monatlichen Umfrage unter rund 9000 Führungskräften mitteilte. “Derzeit gibt es keine Lichtblicke in den einzelnen Branchen der Industrie”, erklärte Wohlrabe. Positiv sei zwar, dass sich die Exporterwartungen im Verarbeitenden Gewerbe minimal aufgehellt hätten. “Aber da würde ich auch noch nicht von einem Aufschwung sprechen.” Man dürfe den leichten Anstieg nicht überbewerten. Die Lage bei den Dienstleistern sei etwas besser und auch die Stimmung am Bau helle sich.
WARTEN AUF STAATSGELD – “DA IST JETZT NICHT MEHR VIEL DRIN”
Im ersten Quartal wuchs Europas größte Volkswirtschaft um 0,3 Prozent, ehe sie im Frühjahr um 0,3 Prozent schrumpfte. Für das zu Ende gehende dritte Quartal und Ende 2025 seien nur moderate Anstiege beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von je 0,2 Prozent zu erwarten, sagte Wohlrabe. “Da ist jetzt nicht mehr viel drin.” Der richtige Schub werde erst 2026 durch die Fiskalpolitik kommen, also die staatlichen Mehrausgaben der Koalition.
2025 insgesamt dürfte die deutsche Wirtschaft laut Ifo-Prognose nur 0,2 Prozent wachsen. Dies ist auch die Erwartung der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, die am Donnerstag ihr Herbstgutachten der Bundesregierung übergeben werden. Im nächsten Jahr sollte es dank mehr staatlicher Ausgaben aus dem Infrastrukturprogramm spürbar stärker bergauf gehen – mit einem BIP-Anstieg von 1,3 Prozent und 2027 mit plus 1,4 Prozent, wie Reuters von mehreren mit der Sache vertrauten Personen erfuhr.
(Bericht von Klaus Lauer; redigiert von Kerstin Dörr – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)