Frankfurt (Reuters) – Trotz der jüngsten Nachrichten aus der US-Handelspolitik zeigen sich die Anleger an den Börsen in Europa gelassen.
Der Dax und der EuroStoxx50 notierten am Freitag gegen Mittag jeweils knapp ein halbes Prozent höher bei 23.620 und 5468 Punkten. Damit schlugen sie einen vorsichtigen Erholungskurs nach den Kursverlusten vom Donnerstag ein.
US-Präsident Donald Trump hat eine neue Runde von Strafzöllen angekündigt: Auf Markenmedikamente sollen ab dem 1. Oktober 100 Prozent fällig werden, auf schwere Lastwagen 25 Prozent. Zudem sollen Abgaben von 50 Prozent auf Küchenschränke und Badezimmerwaschtische sowie 30 Prozent auf Polstermöbel gelten. “Das Zollthema scheint bei Donald Trump eine Endlosschleife zu sein, und bei den meisten Marktteilnehmern hat ein gewisser Gewöhnungseffekt eingesetzt”, kommentierte Thomas Altmann, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter QC Partners. “Allerdings kann sich das schnell wieder ändern. Zölle haben immer das Potenzial, zum Herbststurm für Wirtschaft und Börsen zu werden.”
DAIMLER TRUCK UND TRATON SCHWÄCHER – VOLVO STEIGT
Trumps Ankündigung schickte die Aktien deutscher Lkw-Hersteller auf Talfahrt. Die Papiere von Daimler Truck und Traton verloren rund drei und 2,5 Prozent. Die Anteilsscheine des schwedischen Konkurrenten Volvo verteuerten sich hingegen um fast drei Prozent. Der Grund für die unterschiedliche Kursentwicklung liegt Händlern zufolge in den Produktionsstandorten der Unternehmen. Während Volvo alle seine nordamerikanischen Werke in den USA betreibt, ist Daimler Truck wegen seiner ausgeprägten Präsenz in Mexiko von den Zöllen besonders betroffen.
Die Titel der Pharmaunternehmen Merck und Bayer gaben leicht nach. Auch die Kursreaktion bei europäischen Rivalen blieb verhalten: Der regionale Branchenindex lag mehr oder weniger stabil. Die US-Präsenz der meisten großen Pharmaunternehmen schütze sie vor den Auswirkungen der neuen Zölle, erläuterten die Experten des Schweizer Investmenthauses Vontobel.
Um knapp vier und 1,5 Prozent nach oben ging es hingegen für die Stahlkonzerne Salzgitter und Thyssenkrupp. Im Plus lagen auch die Aktien von Konkurrenten wie Voestalpine und ArcelorMittal. Die Europäische Union will einem Zeitungsbericht zufolge weitreichende Schutzzölle gegen chinesischen Stahl und daraus hergestellte Produkte verhängen.
US-DATEN ERNEUT IM FOKUS
Nun warten die Anleger auf die Zahlen zu den persönlichen Ausgaben der US-Bürger im August, die um 14.30 Uhr (MESZ) veröffentlicht werden. Der sogenannte PCE-Preisdeflator gilt als bevorzugtes Inflationsbarometer der US-Notenbank Fed. Überraschend starke US-Konjunkturdaten vom Donnerstag hatten Zweifel an baldigen weiteren Zinssenkungen der Fed geschürt. Die Währungshüter versuchen, mit straffer Geldpolitik die Inflation einzufangen, ohne der Wirtschaft die Luft zu nehmen.
Nun wird sich zeigen, ob der PCE-Index nach den jüngsten Zuwächsen wie erwartet erneut leicht zulegt. “US-Notenbankchef Jerome Powell hat die Zollinflation als größten Hemmschuh hin zu einem noch schnelleren Zinssenkungszyklus bezeichnet, und niemand will, dass dieses Hindernis noch größer wird”, sagte Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. Viele Experten erwarten dennoch, dass sich die Auswirkungen der neuen US-Zollpolitik mit der Zeit stärker im Preisniveau niederschlagen. “Während sich das Bild am Arbeitsmarkt eher eintrübt, ist das Risiko für die Inflation nach oben gerichtet”, warnten etwa die Analysten der Helaba.
(Bericht von Zuzanna Szymanska, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)