Trump will neue Autofabriken – doch die Firmen planen anders

– von Jarrett Renshaw

Philadelphia (Reuters) – “Die Autofabriken kommen zurück”, proklamierte US-Präsident Donald Trump jüngst.

Er wertet das als Ergebnis seiner Zollpolitik und feiert sich dafür. “Im Moment werden so viele Autowerke gebaut oder geplant”, sagte er. “Sie kommen aus China. Sie kommen aus Mexiko.” In den Industriegebieten in den USA ist davon allerdings kaum etwas zu merken. Neubauten? Fehlanzeige. Stattdessen üben sich die Autobauer in Taktik und bauen schon existierende Werke um oder aus. Ihre Strategie: Mit möglichst geringen Investitionen genau so viel Wertschöpfung in die USA zurückholen, dass die Schmerzen der Zölle erträglich werden und sie zugleich die Kehrtwende der US-Regierung bei der Elektromobilität widerspiegeln.

Wie zum Beispiel Nissan: Der japanische Autobauer hat angekündigt, seine Produktion von SUVs in den Werken in Tennessee und Mississippi hochzufahren und zugleich weniger Fahrzeuge aus Japan zu importieren. “Wir sehen, dass die Produktion in wenig ausgelasteten Fabriken hochgefahren wird, um weniger importieren zu müssen”, erläutert Sam Fiorani, Vizepräsident beim Analysehaus AutoForecast Solutions, eine Taktik der Autobauer. “Es gibt keinen Bauboom.”

Andere widmen angekündigte Investitionen in Elektroauto-Werke um und wollen sie nun in Verbrennerfabriken investieren. Sie reagieren damit auf die Politik Trumps, der von seinem Vorgänger Joe Biden eingeführte Steuervorteile für die strombetriebenen Fahrzeuge gestrichen hat und insgesamt wenig dafür tut, der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen. So kündigte General Motors im Juni an, ein Werk in einem Vorort von Detroit umzurüsten, um Verbrenner-Pickups und ein SUV zu bauen. Noch 2022 hatte GM mehrere Milliarden an Investitionen angekündigt, um dieses Werk auf E-Autos vorzubereiten.

Viele Autobauer vollziehen diese Kehrtwende weg von dem Ausbau der E-Mobilität, der während der Biden-Administration zu einem deutlichen Anstieg der Investitionen geführt hatte. Nach den Daten des Beratungsunternehmens Alix Partners investierten GM, Ford, Stellantis, Tesla, Rivian und Lucid während der Amtszeit von Biden zusammen jährlich etwa 38 Milliarden Dollar, fast doppelt so viel wie während der ersten Amtszeit Trumps.

SCHWIERIGE ENTSCHEIDUNG FÜR EIN NEUES WERK

Beim Neubau von Werken zählt für die Autobauer eben mehr als nur die Politik der gerade amtierenden Regierung. Werke müssen sich für die nächsten mindestens zwei Jahrzehnte lohnen, Trumps Amtszeit läuft dagegen noch gute drei Jahre.

Wie kompliziert eine Entscheidung ist, zeigt das Beispiel Audi. Die Volkswagen-Tochter ist derzeit in ihrem US-Geschäft vollständig auf Importe aus Europa und Mexiko angewiesen. Die Zölle kosteten das Unternehmen allein im ersten Halbjahr 600 Millionen Euro. Für Autoimporte aus Mexiko gelten derzeit immer noch Zölle von 27,5 Prozent. Für Einfuhren aus der Europäischen Union wurden sie rückwirkend zum 1. August immerhin auf 15 Prozent gesenkt. Bereits seit Jahren ist eine Audi-Fertigung in den USA im Spiel. Nun soll eine Entscheidung bis Jahresende fallen. Denkbar ist ein eigenes Werk, alternativ könnten Audi-Fahrzeuge auch im Volkswagen-Werk in Chattanooga im US-Bundesstaat Tennessee und bei der neuen Marke Scout in Columbia in South Carolina vom Band laufen. Audi-Chef Gernot Döllner sagte im Sommer, eines der Szenarien sei es, dort Fahrzeuge für den Weltmarkt zu bauen. Damit würde Audi immerhin zu den deutschen Rivalen BMW und Mercedes aufschließen, die beide verschiedene SUV-Modelle in den USA bauen und zu den größten Fahrzeugexporteuren des Landes gehören.

US-Regierungssprecher Kush Desai spricht dennoch von einem Investitionsboom. “Sobald die beispiellosen Handelsabkommen mit der Europäischen Union, Japan und anderen ihre Wirkung entfalten, werden die Autos schon bald von den Bändern in Detroit in die Verkaufshallen in Tokio, Frankfurt und Paris rollen”, sagte er. Der Präsident des Branchenverbandes Global Automakers of Canada, David Adams, ist da skeptisch. “Die Aussage, dass sich jeder aus Kanada zurückzieht, um in den USA zu produzieren, passt nicht zur Realität”, sagte er. Letztendlich könnte zwar Trumps Zollpolitik die Autoproduktion in Nordamerika neu aufstellen. “Soweit sind wir aber noch nicht.”

(Geschrieben von Christina Amann, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter Berlin.Newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder Frankfurt.Newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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