– von Matt Spetalnick und Trevor Hunnicutt und Nidal al-Mughrabi
Washington/Kairo (Reuters) – Der von US-Präsident Donald Trump vorgeschlagene Friedensplan für den Gazastreifen stößt international auf große Zustimmung, hängt aber von der Reaktion der radikal-islamischen Hamas ab.
Ein Hamas-Vertreter sagte der Nachrichtenagentur Reuters, man habe den Vermittlern mitgeteilt, dass der Friedensplan “in gutem Glauben” geprüft werde. Die Palästinensische Autonomiebehörde bekräftigte indes laut einer Meldung der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa ihre Bereitschaft, mit den USA und anderen Partnern zusammenzuarbeiten, um eine umfassende Einigung im Gaza-Krieg zu erzielen. Begrüßt wurde der Plan von arabischen Staaten und den Europäern.
Die US-Regierung veröffentlichte am Montagabend die 20 Punkte des Vorhabens, nachdem Trump und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Washington ein Dreiertelefonat mit Katars Regierungschef Scheich Mohammed bin Abdulrahman al-Thani geführt hatten. Man sei dem Frieden “mehr als sehr nahe”, sagte Trump bei einer anschließenden Pressekonferenz mit Netanjahu, der seine Unterstützung des Plans erklärte. Der Vorschlag sieht vor, dass der Krieg sofort endet, wenn beide Seiten zustimmen. Fragen von Journalisten waren bei dem Auftritt der beiden Politiker nicht zugelassen.
Innerhalb von 72 Stunden nach der öffentlichen Zustimmung Israels sollen alle noch verbliebenen Geiseln freikommen. Im Gegenzug würde Israel 250 zu lebenslanger Haft verurteilte Palästinenser sowie 1700 inhaftierte Gaza-Bewohner freilassen. Die Armee soll sich zurückziehen, was an die Entmilitarisierung des Gebiets geknüpft ist. Die Hamas soll keine Rolle mehr in der Regierung dort spielen. Wer seine Waffen niederlegt, soll Amnestie erhalten. Die Verwaltung soll vorübergehend ein technokratisches, unpolitisches palästinensisches Komitee übernehmen, das von einem neuen internationalen Gremium beaufsichtigt wird.
ERDOGAN KÜNDIGT MITWIRKUNG AN
Die Außenminister von Saudi-Arabien, Jordanien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und von Katar begrüßten in einer gemeinsamen Erklärung Trumps Bemühungen um einen Frieden und sicherten ihre Unterstützung zu. Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan äußerte sich positiv. Die Türkei werde weiter daran mitwirken, einen “gerechten und dauerhaften, für alle Parteien akzeptablen Frieden” zu schaffen, erklärte Erdogan auf der Online-Plattform X. Die Türkei gehört zu den schärfsten Kritikern des israelischen Vorgehens im Gazastreifen, das sie als Völkermord bezeichnet.
Auch aus Europa kam Zustimmung. Bundeskanzler Friedrich Merz sicherte die Unterstützung Deutschlands zu, sollte der Plan umgesetzt werden können. “Gelingt eine Einigung, dann steht Deutschland bereit, sich bei der Umsetzung des Planes einzubringen”, sagte Merz am Dienstag vor Beginn der Klausurtagung des Bundeskabinetts. “Das gilt politisch, das gilt humanitär und das gilt selbstverständlich auch beim Wiederaufbau der Region.” Auch Frankreich und Italien äußerten sich zustimmend. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schrieb auf X, die Hamas habe keine andere Wahl, als sofort alle Geiseln freizulassen “und diesen Plan anzunehmen”. Zustimmung kam auch von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
INSIDER: STAAT PALÄSTINA GRÖSSTER STREITPUNKT
Die Hamas hatte an dem Gespräch vom Montag nicht teilgenommen. Trump zeigte sich optimistisch, dass die militante Organisation zustimmen werde. Sollte die Hamas den Vorschlag jedoch ablehnen, habe Israel seine volle Unterstützung, sie zu zerstören, sagte Trump. Netanjahu erklärte, Trumps Plan werde sicherstellen, dass von dem Gazastreifen nie wieder eine Bedrohung für Israel ausgehen werde. Wenn die Hamas ihn ablehne, werde Israel die Sache selbst zu Ende bringen.
Es war bereits der vierte Besuch von Netanjahu in Washington seit Trumps Rückkehr ins Weiße Haus im Januar. Die USA sind – zusammen mit Deutschland – einer der westlichen Staaten, die sich nicht formell hinter einen unabhängigen Palästinenser-Staat gestellt haben. Einem Insider zufolge war die Frage eines späteren Palästinas einer der größten Streitpunkte bei den jüngsten Gesprächen. Netanjahu hat geschworen, dass es einen Palästinenser-Staat nie geben werde. In dem US-Plan wird zwar allgemein von einem Weg hin zu einem Staat gesprochen, wenn der Wiederaufbau richtig in Gang gekommen sei und die Palästinenser-Regierung Reformen umgesetzt habe. Einzelheiten oder ein Zeitplan werden aber nicht genannt.
Die Hamas hatte den Krieg am 7. Oktober 2023 mit einem Angriff auf Israel ausgelöst. Dabei wurden nach israelischen Angaben etwa 1200 Menschen getötet und 251 als Geiseln verschleppt. Bei der anschließenden Militäroffensive Israels im Gazastreifen, die bis heute andauert, sind nach Angaben der örtlichen Gesundheitsbehörden mehr als 65.000 Menschen getötet und weite Teile des Küstengebiets mit seinen mehr als zwei Millionen Einwohnern zerstört worden. Von den von der Hamas verschleppten Geiseln befinden sich nach israelischen Angaben noch 48 im Gazastreifen, davon sollen 20 noch am Leben sein.
(Bearbeitet von Alexander Ratz und Scot W. Stevenson, redigiert von Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)