Europäer beschwören nötige Abwehr gegen Russland

Kopenhagen (Reuters) – Die meisten europäischen Regierungen haben auf einem Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) einen verstärkten Abwehrkampf gegen Russland gefordert.

“Der Krieg geht nicht nur gegen die Ukraine, sondern zielt auf Europa”, sagte die dänische Ministerpräsidentin und Gastgeberin Mette Frederiksen. Bereits nach dem Treffen der 27 EU-Staaten am Mittwoch hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vom Aufbau eines “Drohnen-Walls” gesprochen, der allerdings bei etlichen Mitgliedstaaten wie Deutschland auf Skepsis stößt. Belgiens Ministerpräsident Bart De Wever betonte, dass er der Nutzung von eingefrorenem russischen Staatsvermögen für die Ukraine nur unter Bedingungen zustimmen könne.

Bei dem Treffen der 2022 gegründeten EPG treffen sich die Staats- und Regierungschefs von 47 europäischen Staaten – außer Belarus und Russland. Am Mittwoch fand bereits ein informeller EU-Gipfel in Kopenhagen statt. Auf beiden Treffen gibt es keine Beschlüsse. Die Zusammenkünfte dienen aber dazu, ein gemeinsames Verständnis der Lage in Europa zu entwickeln. Etliche Regierungen warnten in der Diskussion vor einem zunehmend aggressiveren Russland.

Der französische Präsident Emmanuel Macron forderte ein härteres Vorgehen gegen die sogenannte russische Schattenflotte. Hintergrund ist die Festsetzung eines in Benin registrierten Schiffes vor der französischen Atlantikküste, das sich zu dem Zeitpunkt etlicher Drohnenüberflüge über dänischen Flughäfen vor der dänischen Küste aufgehalten haben soll. Französische Behörden verhafteten zwei Russen an Bord. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk sagte, Zwischenfälle mit Russland gebe es in der Ostsee mittlerweile täglich.

In der Debatte ist deshalb auch eine verstärkte Drohnenabwehr in Europa – für die der ebenfalls in Kopenhagen anwesende ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ausdrücklich seine Hilfe anbot. Kein Land habe eine solche Erfahrung auf dem Feld wie die Ukraine. Während osteuropäische Länder einen “Drohnen-Wall” nach Osten wollen, dringen südliche EU-Länder darauf, dass auch ihre Küsten geschützt werden müssen. Gerade mit den großen EU-Staaten gibt es zudem Debatten, ob die EU-Kommission dabei eine Rolle spielen müsse oder dies nicht eher eine Angelegenheit der Nato sei.

Erneut ging es am Donnerstag auch um die Frage, ob das vor allem in Belgien liegende eingefrorene russische Staatsvermögen für einen 140 Milliarden Euro-Kredit an die Ukraine genutzt werden könnte. Dies fordern etwa Kanzler Friedrich Merz und die EU-Kommission. Er verweigere sich den Plänen nicht, betonte De Wever, fügte aber hinzu: “Ich habe meinen Kollegen gestern erklärt, dass ich ihre Unterschrift brauche. Sie soll besagen: Wenn wir Putins Geld nehmen, verwenden wir es. Und wenn etwas schiefgeht, tragen wir alle die Verantwortung.” Russland hatte die Pläne zuvor scharf kritisiert und von Enteignung gesprochen. Die EU weist dies diesen Vorwurf zurück. “Deutschland ist bereit, neue Wege zu gehen, die rechtlich möglich und verantwortbar sind”, erklärte Bundesfinanzminister Lars Klingbeil am Donnerstag.

Auch die Finanzminister der G7-Staaten hatten am Mittwoch per Videoschalte über eine stärkere Nutzung des nach dem Angriff auf die Ukraine im Jahr 2022 eingefrorenen russischen Auslandsvermögens beraten. Das gemeinsame Ziel der G7 sei es, den Druck auf Präsident Wladimir Putin zu erhöhen, damit dieser seinen Krieg gegen die Ukraine beende, erklärte Klingbeil.

Kritische Töne kamen in Kopenhagen vom ungarischen Ministerpräsident Viktor Orban, der die Bemühungen seiner EU-Partner für eine weitere Unterstützung der Ukraine kritisierte. “Sie wollen der Ukraine EU-Gelder geben. Sie versuchen, den Beitritt der Ukraine mit allen möglichen juristischen Tricks zu beschleunigen. Sie wollen Waffenlieferungen finanzieren”, schrieb Orban in einem Social-Media-Post.

(Bericht von Andreas Rinke, Andrew Gray, Holger Hansen, Alessandro Parodi; redigiert von Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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