Österreich fordert Freigabe von Sanktionsvermögen für Raiffeisen

– von Jan Strupczewski und Alexandra Schwarz-Goerlich

Brüssel/Wien (Reuters) – Österreich dringt Insidern zufolge in der Europäischen Union auf eine umstrittene Regelung zur Entschädigung der Raiffeisen Bank International (RBI) für eine in Russland verhängte Strafe.

Die Regierung in Wien bestehe darauf, in das derzeit diskutierte 19. Sanktionspaket eine entsprechende Klausel aufzunehmen, sagten EU-Diplomaten am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. Demnach sollen Aktien des österreichischen Baukonzerns Strabag im Wert von rund zwei Milliarden Euro freigegeben werden, die dem sanktionierten russischen Oligarchen Oleg Deripaska zugerechnet werden. Zuerst hatte die “Financial Times” darüber berichtet. Die Aktien der RBI legten an der Wiener Börse gut sechs Prozent zu.

Das Außenministerium in Wien verteidigte den Vorstoß. Österreich setze sich in Brüssel für die Belange österreichischer Unternehmen ein und auch dafür, dass “der russische Aggressor nicht doppelt bereichert wird”, teilte das Ministerium auf Anfrage von Reuters mit. “Genau das würde aber über die Person Deripaska passieren.” Die Diskussionen dazu liefen noch. Raiffeisen wollte sich nicht äußern, von der EU-Kommission lag zunächst keine Stellungnahme vor.

Hintergrund ist ein Urteil eines russischen Gerichts. Dieses hatte Raiffeisen nach einer Klage von Deripaskas früherer Firma Rasperia zu einer Strafzahlung von zwei Milliarden Euro verurteilt. Gleichzeitig stellte das Gericht in Aussicht, dass Raiffeisen die Strabag-Anteile übernehmen könne. Dies war der Bank jedoch bislang nicht möglich, da die Aktien unter EU-Sanktionen eingefroren sind. Deripaska war 2022 auf die Sanktionsliste gesetzt worden, weil ihm die Unterstützung der russischen Rüstungsindustrie nach dem Einmarsch in der Ukraine vorgeworfen wird.

Mehrere EU-Regierungen stehen dem österreichischen Vorschlag jedoch äußerst kritisch gegenüber. “Dies wäre kein gutes Signal, denn Raiffeisen sollte Russland eigentlich verlassen, hat es aber dank deutscher und österreichischer Unterstützung nicht getan”, sagte ein Diplomat. Raiffeisen ist die größte westliche Bank in Russland und gilt als wichtige finanzielle Brücke zum Westen, unter anderem für Energiezahlungen. Mit einem Versuch, die russische Tochterbank zu verkaufen, war die RBI erneut gescheitert, wie Reuters am Mittwoch berichtete.

Der Vorstoß Österreichs gilt als umstritten. Kritiker befürchten, dass die EU mit der Genehmigung des Geschäfts russische Gerichte legitimieren würde. Diese reagieren auf EU-Sanktionen mit der Anordnung zur Beschlagnahmung westlicher Vermögen. Zudem könnte es andere Oligarchen ermutigen, denselben Weg zu gehen. “Wenn wir diesen Weg einschlagen, könnten wir am Ende ziemlich viele russische Vermögenswerte freigeben, und ich glaube nicht, dass das das Ziel ist”, sagte der EU-Diplomat.

(Bericht von Jan Strupczewski in Brüssel und Alexandra Schwarz-Görlich in Wien, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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