Mehr Konjunkturoptimismus unter Börsenprofis: “Hoffnung auf Aufschwung bleibt”

Berlin (Reuters) – Trotz der anhaltenden Wirtschaftsflaute in Deutschland setzen Börsenprofis weiter auf einen baldigen Aufschwung.

Das Barometer für die Konjunkturaussichten in den kommenden sechs Monaten legte im Oktober um 2,0 Punkte auf 39,3 Zähler zu. Das teilte das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag zu seiner Umfrage unter 177 Investoren und Analysten mit. Ökonomen hatten in einer Reuters-Umfrage einen stärkeren Anstieg auf 41,0 Punkte veranschlagt. Die Hoffnung auf einen “mittelfristigen Aufschwung” bleibe bestehen – trotz Unklarheit um die Umsetzung des staatlichen Investitionsprogramms und globaler Unsicherheiten, resümierte ZEW-Präsident Achim Wambach.

Doch die Einschätzung der aktuellen konjunkturellen Lage verschlechterte sich wider Erwarten weiter. Mit minus 80,0 Punkten fiel dieses Barometer um 3,6 Punkte. Ökonomen hatten hier einen Anstieg auf minus 74,8 Zähler prognostiziert. “Für mehr Optimismus bedarf es endlich einer Lageeinschätzung, die dem Erwartungsanstieg folgt. Andernfalls hat der Erwartungsanstieg keinen Wert”, meint Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Die Aussicht auf eine derartige Entwicklung sei alles andere als gut: “Es tut weh, dass die Bundesregierung mit dem Sondervermögen konsumtive Zwecke verfolgt, statt mehr zu investieren.”

Diese Sorge teilen auch viele andere Volkswirte, wie eine Umfrage des Münchner Ifo-Instituts unter VWL-Professoren zeigt: Deutschland wird aus ihrer Sicht nur knapp die Hälfte der neuen Schulden für zusätzliche Investitionen verwenden. Im Durchschnitt schätzen die Befragten, dass nur rund 47 Prozent des schuldenfinanzierten Sondervermögens ‘Infrastruktur und Klimaneutralität’ neue Investitionsprojekte finanzieren werden. Ein Viertel der Teilnehmer der Umfrage geht sogar von weniger als 20 Prozent aus. “Kritisiert wird vor allem, dass bereits geplante Ausgaben aus dem Bundeshaushalt in das Sondervermögen ausgelagert werden”, sagte Ifo-Experte Niklas Potrafke zu der Umfrage unter 179 VWL-Lehrstuhlinhabern in Deutschland.

Laut dem Bundeswirtschaftsministerium zeichnet sich eine erneut schwache konjunkturelle Entwicklung im dritten Quartal ab. “Im späteren Jahresverlauf dürften dann jedoch zunehmend die wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung spürbar werden und Impulse für eine schrittweise wirtschaftliche Erholung setzen”, erklärte das Ministerium.

WANN SPRINGT DIE WIRTSCHAFT AN?

Nach zuletzt zwei Jahren mit schrumpfender Wirtschaftsleistung ist laut Prognose der Bundesregierung 2025 ein Wachstum von 0,2 Prozent zu erwarten. Im kommenden Jahr rechnet die Regierung dann mit einer deutlich höheren Zuwachsrate von 1,3 Prozent. Dies gehe aber vor allem auf die hohen staatlichen Ausgaben für die Infrastruktur und die Verteidigungsfähigkeit zurück, wie Wirtschaftsministerin Katherina Reiche jüngst erläuterte.

“Vor allem das außenwirtschaftliche Umfeld bleibt herausfordernd, ebenso wie der Strukturwandel in deutschen Schlüsselindustrien”, gibt Volkswirt Marc Schattenberg von der Deutschen Bank zu bedenken. Die Impulse der nun kräftig expansiv ausgerichteten Finanzpolitik würden 2026 allerdings deutlicher in der Realwirtschaft spürbar werden, so dass sogar ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent herausspringen könne.

(Bericht von Reinhard Becker, redigiert von Kerstin Dörr – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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