Berlin (Reuters) – Der Preisauftrieb in der Euro-Zone hat sich nach Monaten der Stabilität wieder etwas beschleunigt.
Die für europäische Vergleichszwecke berechnete Teuerungsrate (HVPI) kletterte im September auf 2,2 Prozent, wie das EU-Statistikamt Eurostat am Freitag mitteilte und damit eine erste Schätzung bestätigte. In den drei Vormonaten hatte die Rate im Euroraum bei jeweils 2,0 Prozent gelegen und damit exakt auf der Stabilitätsmarke der Europäischen Zentralbank. Diese könnte auf ihrer nächsten Sitzung Ende des Monats nach Einschätzung vieler Experten erneut eine Zinspause einlegen. Auch wenn die Zielmarke bei der Inflation nun leicht überschritten wurde, erwartet EZB-Chefin Christine Lagarde eine längere Phase annähernder Preisstabilität im Euroraum.
Deutschland lag mit einer HVPI-Rate von 2,4 Prozent im September zwar über dem Durchschnitt. Doch in Rumänien (8,6 Prozent), Estland (5,3 Prozent), Kroatien und der Slowakei (jeweils 4,6 Prozent) sind die Verbraucher mit einem weit höheren Preisauftrieb konfrontiert. Hierzulande wird es aus Sicht der Bundesbank voraussichtlich nicht zu einem Teuerungsschub kommen. Die Inflationsrate dürfte demnach in den kommenden Monaten um das zuletzt erreichte Niveau schwanken. Ursache dafür seien vor allem die schwankungsanfällige Entwicklung der Dienstleistungspreise gegen Ende des vergangenen Jahres und die daraus entstehenden statistischen Basiseffekte, insbesondere im Bereich Reisen.
“PULVER TROCKEN HALTEN”
Trotz der zuletzt höheren Inflation ist auch für den gesamten Euroraum keine größere Abweichung vom EZB-Zielwert absehbar, der die Europäische Zentralbank auf den Plan rufen müsste. Dafür spricht auch der Tenor der jüngsten EZB-Protokolle: Die Währungshüter haben auf ihrer September-Sitzung keinen unmittelbaren Druck für eine Zinssenkung gesehen. Eine Beibehaltung des Niveaus lasse mehr Zeit, um die Auswirkungen der US-Zölle, der anhaltenden Unsicherheiten und anderer Risikofaktoren zu beurteilen.
Die EZB hatte von Juni 2024 bis Juni 2025 im Zuge einer nachlassenden Inflation den Leitzins insgesamt achtmal gesenkt – auf das aktuell gültige Niveau von 2,0 Prozent. Aus Sicht des österreichischen Notenbankchefs Martin Kocher spricht aktuell spricht vieles für zinspolitische Stabilität. Größere Veränderungen nach unten seien wohl nur noch zu erwarten, wenn es zu einer krisenhaften Zuspitzung in der Euro-Zone und der Weltwirtschaft komme: Daher sei es wichtig, “für Krisen genug Pulver trocken zu halten”.
(Bericht von Reinhard Becker, redigiert von Christian Rüttger Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)