Merz löst mit Forderung nach Europa-Börse Debatte aus – Euronext: Sind bereit

Frankfurt/Berlin (Reuters) -Das Plädoyer von Bundeskanzler Friedrich Merz für eine gemeinsame europäische Börse hat eine breite Debatte ausgelöst. “Euronext ist bereit, zur nächsten Ebene der Marktkonsolidierung in Europa beizutragen, um einen größeren Liquiditätspool zur Finanzierung des Wachstums europäischer Unternehmen zu schaffen”, sagte Stéphane Boujnah, Chef des paneuropäischen Aktienmarktbetreibers Euronext, zu dem mittlerweile die Börsen in Amsterdam, Brüssel, Dublin, Lissabon, Mailand, Oslo und Paris gehören. Auch die Deutsche Börse erklärte, sie begrüße die Merz-Forderung nach stärkeren Kapitalmärkten und machte die Marktfragmentierung für die Verzögerung von Börsengängen in Europa verantwortlich.

“Europäische Unternehmen müssen sich stärker als bisher über die europäischen Kapitalmärkte finanzieren können”, sagte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums. “Sie sollen in Europa an die Börse gehen und in Europa wachsen können.” Deshalb teile man das Ziel eines effizienten, breit aufgestellten europäischen Kapitalmarkts.

Es hat in den vergangenen Jahren immer wieder erfolgreiche, aber auch gescheiterte Konsolidierungsversuche der Börsenplätze in Europa gegeben. Der frühere Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, hatte die europäische Börsenlandschaft als übermäßig fragmentiert bezeichnet. “Mit über 500 Handelsplätzen hat die EU nicht nur den fragmentiertesten Markt geschaffen, sondern auch den intransparentesten, mit nur rund 30 Prozent des Aktienhandels an transparenten Börsen”, erklärte die Deutsche Börse.

Merz hatte am Donnerstag eine europäische Börsenintegration gefordert. “Wir brauchen eine Art European Stock Exchange, damit erfolgreiche Unternehmen wie zum Beispiel BioNTech aus Deutschland nicht an die New Yorker Börse gehen müssen”, sagte er in seiner Regierungserklärung zum bevorstehenden EU-Gipfel im Bundestag. Die Deutsche Börse teilte dazu mit, dass sich das Unternehmen “als größten paneuropäischen und als globalen Akteur” sehe. Man sei sich der besonderen Rolle und Verantwortung für die europäischen Kapitalmärkte bewusst und habe auch in der Vergangenheit stets europäisch gedacht. “Dabei wurde unser Spielraum jedoch wiederholt durch die Rahmenbedingungen eingegrenzt.”

Es gibt gerade zwischen großen EU-Staaten wie Deutschland und Frankreich aber auch Konkurrenz: In Frankfurt sitzt die Europäische Zentralbank (EZB), in Paris die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA). Euronext-Chef Boujnah forderte “entschlossene Schritte” hin zu einer einheitlichen Aufsicht innerhalb der ESMA.

Merz hatte bereits im Juni kritisiert, dass der Kapitalmarkt in der EU insgesamt zu zersplittert sei, obwohl man mehr Einwohner als die USA und Kanada zusammen habe. Er wolle erreichen, dass deutsche Firmen künftig nicht in New York an die Börse gehen müssten, sagte Merz, der früher im Aufsichtsrat der Deutschen Börse saß.

(Bericht von Tom Sims, Andreas Rinke; redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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