VW-Chef Blume gibt Doppelhut ab – Ex-McLaren-Chef soll Porsche führen

– von Ilona Wissenbach und Rachel More

Frankfurt (Reuters) – Die vom Finanzmarkt kritisierte Doppelfunktion von Oliver Blume als Vorstandschef von Volkswagen und Porsche hat ein Ende: Blume werde das Vorstandsamt bei der Porsche AG vorzeitig abgeben, teilte der Stuttgarter Sportwagenbauer am Freitag mit.

Zugleich werde Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche Gespräche mit dem früheren McLaren-Chef Michael Leiters als möglichem Nachfolger aufnehmen. Blume bleibe Vorstandsvorsitzender des Mutterkonzerns Volkswagen.

Der Führungswechsel ist laut “Bild”-Zeitung für das kommende Jahr geplant. Zum genauen Zeitpunkt des Wechsels machte Porsche keine Angaben. Mit dem Abgang Blumes als Porsche-Chef geht die Erneuerung des Vorstands bei dem Sportwagenbauer weiter. Seit Jahresbeginn haben die Stuttgarter schon die Hälfte der Manager ausgetauscht. Bei den Anlegern an der Börse kam das Vorhaben an. Die Aktien von Volkswagen stiegen um 1,8 Prozent, die Papiere von Porsche gewannen 2,6 Prozent. “Die vorzeitige Auflösung der Doppelbelastung als Vorstandsvorsitzender von VW und Porsche ist ein wichtiges Signal an den Kapitalmarkt”, sagte Hendrik Schmidt von der Deutsche-Bank-Fondsgesellschaft DWS. VW- und Porsche-Aktienkurse hatten auch wegen der an der Börse kritisch gesehenen Führungsstruktur unter Druck gestanden.

BERICHT: LEITERS SOLL NICHT IN VW-VORSTAND

In den Volkswagen-Konzernvorstand soll Leiters nach einem Bericht des “Spiegel” vorerst nicht einziehen. In dem Gremium sind unter anderem die Chefs der einzelnen Marken vertreten, wie Gernot Döllner von Audi oder Thomas Schäfer von Volkswagen. Der promovierte Ingenieur Leiters war bis April knapp drei Jahre lang Chef des britischen Luxuswagenherstellers McLaren. Der 54-Jährige hatte seine Karriere vor 25 Jahren aber bei Porsche begonnen, wo er bis Ende 2012 unter anderem für das erfolgreiche SUV-Modell Cayenne verantwortlich war. Danach ging er als Technikchef zu Ferrari. “Das Ende der Doppelrolle wäre gut für die Unternehmensführung”, sagte UBS-Analyst Patrick Hummel. Leiters verfüge über einen starken Technik-Hintergrund und kenne sich mit Sportwagen aus.

KRITIK AM HALBTAGS-CEO

Der 57-jährige Blume führt Porsche seit zehn Jahren und steht zusätzlich seit Sommer 2022 an der Spitze der Muttergesellschaft Volkswagen. Die Doppelrolle stieß bei Investoren und Analysten seit langem auf Kritik. Zum einen wegen der rein zeitlichen Überforderung, zum anderen berge die Doppelfunktion bei Konzernmutter und -tochter Interessenskonflikte. Auch VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo forderte Blume wiederholt auf, sich auf den Konzern zu konzentrieren. Blume hatte das Konstrukt dagegen verteidigt und erläutert, er könne mit dem Know-how aus dem operativen Tagesgeschäft der Sportwagenschmiede den Wolfsburger Konzern besser führen. Zuletzt hatte er jedoch immer wieder betont, dass die Doppelrolle nicht auf Dauer ausgelegt ist. Ingo Speich, Experte für gute Unternehmensführung der Sparkassenfondstochter Deka Investment, begrüßte den Entschluss: “Nun kann Blume beide Hände am Steuer bei VW haben, was auch dringend nötig ist.”

PORSCHE IN DER KRISE

Während die Kernmarke VW auf Sanierungskurs ist und sich stabilisiert, hat sich in diesem Jahr die Krise bei Porsche verschärft. Denn neben dem Absatzeinbruch in China lassen die US-Importzölle, die Porsche mangels eigener Produktion in den USA schwer treffen, den einst hohen Gewinn rasant schwinden. Porsche senkte in diesem Jahr drei Mal die Prognose für den operativen Gewinn. Die Cash-Cow des VW-Konzerns schafft demnach nur noch zwei Prozent Marge, während sie in den Jahren zuvor oft mit 15 Prozent der profitabelste deutsche Autobauer war.

Jetzt läuft ein Arbeitsplatzabbau. Die Produktstrategie wurde wegen des langsamen Schwenks der Porsche-Kunden zur Elektromobilität angepasst. Künftig werden wieder mehr Modelle mit Verbrennungsmotor gebaut. Das kostet das Unternehmen, das obendrein kürzlich aus dem Leitindex Dax in den Nebenwerteindex MDax abstieg, in diesem Jahr rund drei Milliarden Euro. Investoren hielten es deshalb für umso dringlicher, dass sich bei Porsche ein CEO in Vollzeit um die Strategie kümmert. “Die erfolgreiche Umsetzung der neuen Strategie ist essenziell für das Unternehmen und damit auch für die Aktionäre”, sagte Moritz Kronenberger von Union Investment.

Blume stehe für die aggressivsten Elektroziele in der deutschen Autoindustrie, sagte ein anderer Porsche-Investor. Er müsse sie jetzt aggressiv zurückfahren. “Es ist sinnvoll, möglichst viele der Belastungen in diesem Jahr zu verbuchen, damit der neue Chef nicht gleich zu Beginn verbrannt wird.”

(Unter Mitarbeit von Christina Amann, redigiert von Ralf Banser und Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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