Merz und Kretschmann betonen Bedeutung einer KI-Gigafactory für Deutschland

Heilbronn/Berlin (Reuters) – Kanzler Friedrich Merz hofft, dass mindestens eines der künftigen riesigen EU-Rechenzentren für Künstliche Intelligenz (KI-Gigafactory) nach Deutschland kommen wird.

“Mindestens eine dieser Gigafactories wollen wir und müssen wir nach Deutschland holen”, sagte Merz am Dienstag vor dem Spatenstich für den Innovationspark Künstliche Intelligenz (IPAI) in Heilbronn. “Denn diese KI-Gigafactories gehen Hand in Hand mit der Vision genau dieses Innovationsparks.” Die besonders leistungsfähigen Rechenzentren leisteten einen Beitrag zur künftig notwendigen Infrastruktur und seien die Voraussetzungen für Entwicklung und Anwendung von fortschrittlichen KI-Modellen.

Bereits am Vormittag hatte der Kanzler nach einem Besuch beim baden-württembergischen Landeskabinett in Stuttgart auf die entsprechende Ausschreibung bei der EU-Kommission verwiesen. Bei den KI-Gigafactories handelt es sich um Rechenzentren, die mindestens die vierfache Zahl an Rechnerprozessoren enthalten wie der Supercomputer im Forschungszentrum Jülich, der derzeit als schnellster Rechner Europas gilt. Die EU-Kommission will zum Jahresende entscheiden, welche der rund sechs Milliarden Euro teuren Gigafactories eine milliardenschwere EU-Förderung von rund 30 Prozent bekommen sollen. Es wird mit fünf Zuschlägen gerechnet, die dann wahrscheinlich auch regional über die EU verteilt werden. Digitalminister Karsten Wildberger hatte gegenüber Reuters gesagt, dass es aber auch einen Bedarf an etwas kleineren Rechenzentren gebe, die er KI-Megafactories nannte.

Der Kanzler wollte sich nicht festlegen, welche der Bewerbungen aus Deutschland die Bundesregierung unterstützt. “Es gibt Bewerbungen aus Bayern und aus Baden-Württemberg und aus Nordrhein-Westfalen, und es gibt Konsortien aus anderen Teilen Deutschlands”, sagte er in Stuttgart. Er könne sich nicht festlegen, weil dies ein Wettbewerb auch der Standorte sei. Merz wurde von Wildberger und Forschungsministerin Dorothee Bär begleitet. Er betonte, dass man bei der KI-Technologie die Chancen und Risiken sehen müsse. “Das ist disruptiv und zwar in einem Umfang, den wir uns heute noch nicht vorstellen können”, sagte er. Zudem verwies Merz auf den Schutz geistigen Eigentums, der auch in der digitalen Welt nötig sei.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann pochte darauf, dass eines der riesigen Rechenzentren in sein Bundesland kommen soll. Das Konsortium, zu dem etwa die Firma Ionos gehört, habe “selbstverständlich die volle Unterstützung der Landesregierung”, betonte der Grünen-Politiker. “Das Konsortium könnte den Bau und den Betrieb der Gigafactory sofort realisieren.” Sein Bundesland verfüge mit den großen Autokonzernen und Maschinenbaufirmen zudem über die nötigen Kunden für eine KI-Gigafactory. Rund 40 Prozent aller deutschen KI-Patente stammten aus Baden-Württemberg, es gebe mittlerweile mehr als 500 KI-Professuren und mehr als 230 Studiengänge in Baden-Württemberg, sagte Kretschmann.

In dem Innovationspark Künstliche Intelligenz (IPAI) in Heilbronn, der insbesondere von der Schwarz-Stiftung gefördert wird, soll zudem das größte KI-Ökosystem in Europa entstehen, etwa mit einem Schwerpunkt auf Chip-Design. Dort gebe es jetzt schon 80 Partner, darunter DAX-Unternehmen, aber auch sehr viele kleine und mittlere Mittelständler, sagte der Kanzler. Zudem soll ein Landesgraduiertenzentrum für angewandte KI entstehen. Wildberger bezeichnete den Park als Beispiel dafür, wie in Deutschland eine breite KI-Landschaft entstehe.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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