Berlin (Reuters) – Die Bundesregierung treibt Pläne für eine Abgabe für große Digitalplattformen wie Google oder Meta voran, um den deutschen Medien- und Kreativsektor zu finanzieren.
Dies kündigte Kulturstaatsminister Wolfram Weimer am Dienstag zum Auftakt der Medientage München an. Parallel dazu führe der Bund Gespräche mit großen Streaminganbietern über eine freiwillige Selbstverpflichtung, stärker in deutsche und europäische Produktionen zu investieren. Weimer sagte dem Sender ntv, dass man im November ein Eckpunkte-Papier in die parlamentarische Diskussion geben wolle, damit man eine Regelung 2026 habe. Unterstützung erhielt er dabei vom nordrhein-westfälischen Staatskanzleiminister Nathanael Liminski (CDU).
“Wer aus der kulturellen und journalistischen Wertschöpfung Europas skaliert, muss auch einen Beitrag zu ihrem Erhalt leisten”, sagte Weimer. Die Revolution der künstlichen Intelligenz (KI) im Such- und Plattformbereich sei ein Strukturereignis, das ohne Eingriff das Refinanzierungsmodell freier Medien kollabieren lasse. Die geplante Abgabe sei kein “Strafsignal”, sondern ein “Ordnungsinstrument”, um das “Free-Riding der Big-Tech-Monopole” zu beenden. Man arbeite derzeit an einem Eckpunktepapier zur möglichen Ausgestaltung einer Plattformabgabe und prüfe dabei verfassungs- und europarechtliche sowie ökonomische Fragen. Darauf hatte sich das Regierungsbündnis von Union und SPD im Koalitionsvertrag verständigt.
Auch der CDU-Politiker Liminski unterstützt eine Abgabe. “Wer von der Vielfalt unserer Kreativ- und Medienlandschaft profitiert, muss an ihrer Refinanzierung beteiligt werden”, sagte er dem Sender ntv. “Um das direkt klar zu sagen: Ich denke hierbei in Milliarden, nicht in Millionen.” Die Plattformen hätten über die Jahre viele Milliarden damit verdient, die Leistungen Anderer kostenfrei zu nutzen.
Der NRW-Staatskanzleichef wies auch Warnungen zurück, eine härtere Haltung könnte die Zollverhandlungen mit den USA erschweren. Es könne nicht sein, dass mühsam entwickelte EU-Regulierung im Bereich der Medien wie der Digital Services Act oder der Digital Market Act jetzt zur Verhandlungsmasse in den Zollgesprächen würden, fügte er mit Blick auf Drohungen des US-Präsidenten Donald Trump hinzu. “Mancher Schlaumeier in Berlin rät davon ab, weil wir deswegen im Handel mit den USA Einnahmen verlieren”, sagte er. Aber es könne keinen Ausverkauf grundlegender Werte für den kurzfristigen ökonomischen Vorteil geben. “Bevor uns die Amerikaner ernst nehmen sollen, müssen wir uns selbst ernst nehmen.”
Weimer relativierte seine Äußerung über eine Zerschlagung von Google. “Im Ernstfall, wenn wir mit den anderen Instrumenten nicht weiterkommen und der Wettbewerb nicht funktioniert, ist nach dem Kartellrecht Zerschlagen immer eine Option”, sagte er bei ntv. “Mir wäre es aber lieber, die großen Plattformen würden sich bewegen und auch anerkennen, dass es ein Problem gibt.”
DRUCK AUF STREAMING-DIENSTE
Gleichzeitig erhöht die Regierung den Druck auf Streamingdienste wie Netflix oder Amazon Prime. Ziel sei eine freiwillige Selbstverpflichtung für mehr Investitionen in deutsche und europäische Filme und Serien. Weimer stellte jedoch klar, dass die Regierung bei einem Scheitern der Gespräche gesetzgeberisch tätig werde. “Gelingt die Selbstverpflichtung – gut. Gelingt sie nicht – dann kommt das Gesetz”, sagte der Staatsminister.
Weimer betonte, es gehe um die grundsätzliche Neuordnung des digitalen Raums. Die wirtschaftlichen Folgen KI-basierter Suchdienste bedrohten den Journalismus und damit eine wichtige demokratische Infrastruktur. “Es geht nicht um Nostalgie für Papierzeitungen, sondern um Ordnung im digitalen Informationsraum”, erklärte Weimer. Ohne diese Ordnung verliere man nicht nur Märkte, sondern die Voraussetzungen für eine liberale Demokratie.
(Bericht von Klaus Lauer, Andreas Rinke; redigiert von Sabine Ehrhardt – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)