Berlin (Reuters) – Die neue Bahn-Chefin Evelyn Palla krempelt den Vorstand des krisengeplagten Staatskonzerns kräftig um. Insidern zufolge gibt es nun auch eine Vorentscheidung zur Ablösung der Cargo-Chefin Sigrid Nikutta. In dieser Woche war bereits bekanntgeworden, dass Palla zwei Kandidaten für die Ressorts Finanzen und Regionalverkehr gefunden hat. Der Aufsichtsrat muss über die Personalien am 30. Oktober formal entscheiden. Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums sagte am Mittwoch in Berlin, Palla habe die Aufgabe, ein schlagkräftiges Team aufzustellen. Dafür habe sie die Unterstützung des Bundes als Eigentümer der Bahn.
Nikutta stehe vor der Ablösung als Chefin der Frachtsparte, sagten mehrere mit der Personalie vertraute Personen. Eine Sprecherin der Deutschen Bahn wollte sich nicht äußern. Der Sprecher des CDU-geführten Verkehrsministeriums sagte, es sei Aufgabe des Aufsichtsrats, endgültig über die Personalie zu befinden, also zur Abberufung oder Vertragsauflösung. DB Cargo müsse saniert werden. Der Bund schaue mit Sorge auf die Lage. Die Bahn müsse die notwendigen Schritte einleiten.
Nikuttas Sanierungskonzept ist einem externen Gutachten zufolge aber nicht ausreichend. Ihr wurde deswegen vorgeworfen, nur zu sparen, aber kein zukunftsträchtiges Konzept zu haben. “Die neue Person an der Spitze von DB Cargo wird sich ein Beispiel an den Mitbewerbern nehmen müssen, die erfolgreich zeigen, dass selbst kleinere Gütermengen auf der Schiene profitabel transportiert werden können”, so die Grünen-Haushaltsexpertin Paula Piechotta.
DB Cargo hatte zuletzt mitgeteilt, rund 6000 Güterwagen an den Vermietungsspezialisten GATX Rail Europe zu verkaufen. Diese sollen dann zurückgemietet werden. DB Cargo muss auf Druck der EU-Kommission umgebaut werden. In der neuen Bahn-Strategie von Verkehrsminister Patrick Schnieder heißt es, Cargo müsse ab 2026 profitabel sein. “Die Sanierungsmaßnahmen der DB Cargo AG sind fortzusetzen und gegebenenfalls zu intensivieren.”
Die Frachtsparte der Bahn transportierte im ersten Halbjahr 2025 zehn Prozent weniger Güter, der Umsatz sank um neun Prozent auf 2,5 Milliarden Euro. Der operative Verlust verbesserte sich auf 96 Millionen Euro. Im Güterbereich machen private Konkurrenten der Bahn bereits rund 60 Prozent des Geschäfts in Deutschland.
EVG: BRAUCHEN NEUE STRATEGIE FÜR CARGO
Die einflussreiche Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) zeigte sich zufrieden. Das Gutachten des Beratungsunternehmens Oliver Wyman habe bestätigt, was sich schon lange abgezeichnet habe: “Nikutta hat keine Ideen mehr für die Zukunft von Cargo. Es ist ein bitteres Ende für Sigrid Nikutta, aber das Ende ist bitter notwendig”, sagte EVG-Vizechefin Cosima Ingenschay auf Anfrage. “Noch ist Cargo sanierungsfähig.” Für den Neustart brauche es aber eine klare Strategie. “Die neue Person an der Cargo-Spitze muss Geschäftsentwicklung zur obersten Priorität machen. Bestehende Kunden müssen gehalten und verlorene zurückgewonnen werden.”
Seit Anfang Oktober ist Palla Chefin der Bahn. Sie soll den Konzern profitabel machen, gleichzeitig aber auch für pünktlichere Züge im Fernverkehr sorgen. Insidern zufolge wird der Aufsichtsrat bei seiner Sitzung Ende Oktober zwei Positionen im Führungsgremium nach Pallas Vorstellungen besetzen. So soll die frühere Hornbach-Managerin Karin Dohm Finanzvorständin im Bahn-Konzern werden. Außerdem soll der bisherige Regio-Manager Harmen van Zijderveld den Regionalverkehr im Vorstand vertreten. Diesen Posten hatte bisher Palla selbst inne.
(Bericht von Christian Krämer, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)