Berlin (Reuters) – Der Bundesrechnungshof hat die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung scharf kritisiert und ein Umsteuern gefordert.
“Es ist Zeit für einen Realitätscheck”, erklärte der Präsident der Prüfbehörde, Kay Scheller, am Dienstag. Trotz milliardenschwerer Förderungen verfehle die Regierung ihre ambitionierten Ziele, da Angebot und Nachfrage deutlich hinter den Erwartungen zurückblieben. Dies gefährde das Erreichen der Klimaneutralität bis 2045, den Industriestandort sowie stabile Bundesfinanzen, heißt es in einem Sonderbericht des Bundesrechnungshofs. Das verantwortliche Wirtschaftsministerium unter Leitung von Ministerin Katherina Reiche (CDU) müsse nun konsequent handeln.
Dem Bericht zufolge wird die Regierung ihre Ziele für die Erzeugung von grünem Wasserstoff in Deutschland bis 2030 verfehlen. Auch der erwartete Bedarf könne nicht durch Importe gedeckt werden. Zugleich entwickle sich die Nachfrage langsamer als erwartet, insbesondere aus der Stahlbranche. Zudem fehle ein wesentlicher Impuls, da Gaskraftwerke – anders als früher geplant – voraussichtlich nicht mehr zwingend auf Wasserstoff umgerüstet werden müssten. Angesichts dieser Entwicklung sei der geplante Aufbau des Wasserstoff-Kernnetzes zu ambitioniert.
Die Prüfer warnten vor einer staatlichen Dauerförderung, da grüner Wasserstoff weiterhin deutlich teurer sei als fossile Energieträger wie Erdgas. Um die Preisdifferenz auszugleichen, könnten allein für Importe im Jahr 2030 Belastungen von drei bis 25 Milliarden Euro auf den Bundeshaushalt zukommen. Auch der Aufbau des Wasserstoff-Kernnetzes berge erhebliche finanzielle Risiken. Scheitere der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft, könne der Finanzierungsmechanismus den Haushalt mit einem zweistelligen Milliardenbetrag belasten.
Wasserstoff gilt als zentraler Baustein für das Erreichen der Klimaziele und den Erhalt des Industriestandorts. Er soll vor allem in Industriezweigen wie der Stahl- oder Chemieproduktion zum Einsatz kommen, in denen eine direkte Elektrifizierung mit Ökostrom als technisch schwierig oder nicht umsetzbar gilt. Zudem ist Wasserstoff für den Betrieb von Gaskraftwerken vorgesehen. Diese sollen die Stromversorgung sichern, wenn die Energieerzeugung aus Wind und Sonne schwankt.
(Bericht von Holger Hansen, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)











