Deutsche Wirtschaft stagniert im Sommer

Berlin (Reuters) – Die deutsche Wirtschaft ist in den Sommermonaten wegen sinkender Exporte erneut nicht gewachsen.

Das Bruttoinlandsprodukt stagnierte von Juli bis September im Vergleich zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag zu seiner Schnellschätzung mitteilte. Im Frühjahr war es noch um revidiert 0,2 (bisher: -0,3) Prozent gesunken, nach plus 0,3 Prozent in den ersten drei Monaten des Jahres. Damit bleibt Europas größter Volkswirtschaft zumindest eine Rezession erspart, von der bei zwei negativen Quartalen in Folge gesprochen wird. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten für den Sommer eine Stagnation erwartet.

“Es läuft weiterhin nicht in Deutschland”, fasste Ökonom Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) die Quartalsbilanz zusammen. Positiv entwickelten sich nach vorläufigen Erkenntnissen zwar diesmal die Investitionen in Ausrüstungen wie Maschinen und Anlagen. Die Exporte – die unter den hohen US-Zöllen und einer sinkenden Nachfrage aus China leiden – nahmen aber im Vergleich zum Vorquartal ab, so das Statistikamt. “Durch den US-Zollschock und den intensiven Wettbewerb mit China wird es die exportorientierte Industrie weiter schwer haben”, erklärte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger.

Verglichen mit anderen großen Volkswirtschaften der Euro-Zone schneidet Deutschland schwach ab. Frankreich schaffte im dritten Quartal ein Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent, Spanien sogar von 0,6 Prozent. “Das deutsche Ergebnis wirkt deswegen besonders trist, weil es offenbar in den anderen Ländern des Euroraums besser läuft”, sagte LBBW-Ökonom Niklasch. Italien meldete dagegen ebenfalls eine Stagnation.

“FISKALPAKET SCHIEBT 2026 AN”

Die Chancen auf einen kräftigen Aufschwung im laufenden vierten Quartal stehen nicht so gut. “Erst im kommenden Jahr sollte das Fiskalpaket der Bundesregierung die Konjunktur anschieben, wobei das wegen der ausbleibenden Reformen nicht nachhaltig ist”, erwartet Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Das Ifo-Institut rechnet bestenfalls mit einem leichten Wachstum für das laufende Schlussquartal. So schätzten die vom Ifo befragten 9000 Manager die aktuelle Geschäftslage im Oktober so schlecht ein wie seit über einem halben Jahr nicht mehr.

Deutschland bläst der Wind gleich von mehreren Seiten ins Gesicht. Die hohen US-Zölle belasten das Geschäft mit dem wichtigsten Abnehmer von Waren “Made in Germany”, während China inzwischen viele Produkte selbst herstellt, die einst in Deutschland gekauft wurden. Hinzu kommt ein drohender Chipmangel, der etwa in der Autoindustrie zu Produktionsausfällen führen kann. Zudem ist die Kauflaune der Verbraucher ausgerechnet vor Beginn des umsatzträchtigen Weihnachtsgeschäfts gesunken: Das für den kommenden Monat berechnete Konsumklima-Barometer sank um 1,6 Punkte auf minus 24,1 Zähler, wie die Forscher von GfK und NIM bei ihrer Umfrage herausfanden.

Die Hoffnungen ruhen daher auf dem kommenden Jahr. Dann dürften die geplanten milliardenschweren Investitionen aus dem Infrastruktur- und Aufrüstungspaket die Konjunktur anschieben. Die Bundesregierung sagt für 2026 ein Plus von 1,3 Prozent voraus, während es für das zu Ende gehende Jahr nur zu einem Wachstum von 0,2 Prozent reichen soll.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Sabine Wollrab. – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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