– von John O’Donnell und Christoph Steitz
Berlin/Frankfurt (Reuters) – Die US-Sanktionen gegen den russischen Ölkonzern Rosneft haben in Deutschland Überlegungen für eine mögliche Verstaatlichung seiner unter Treuhandverwaltung stehenden Töchter neu entfacht.
Dies erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch von zwei Insidern. Bevorzugte Option in der Bundesregierung sei es, eine dauerhafte Ausnahme von den Sanktionen zu erreichen. Jedoch werde auch eine mögliche Beschlagnahme der Geschäftsbereiche und deren Verkauf an einen ausländischen Investor geprüft, sagten zwei mit den Gesprächen vertraute Personen zu Reuters. Rosneft Deutschland und seine Kunden bleiben vorerst für sechs Monate von den US-Sanktionen verschont, wie die USA bestätigten.
Die Überlegung, Rosneft in Deutschland zu verstaatlichen, war bereits in der Vorgängerregierung mit dem damaligen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) aufgekommen. Sorgen vor milliardenschweren Entschädigungsforderungen aus Moskau trugen aber dazu bei, dass die seit 2022 stets auf sechs Monate befristete Treuhandverwaltung durch die Bundesnetzagentur immer wieder verlängert wurde. Russische Medien hatten den Wert der deutschen Rosneft-Vermögenswerte auf rund sieben Milliarden Dollar beziffert. Der tatsächliche Wert könnte aber weniger als die Hälfte betragen, sagte einer der beiden Insider.
KELLNER: KATAR UND KASACHSTAN ZEIGTEN 2024 INTERESSE
Grünen-Energieexperte Michael Kellner, der in der Ampel-Regierung als Parlamentarischer Staatssekretär in die Verhandlungen zu Rosneft einbezogen war, plädierte nun erneut für eine Verstaatlichung. Er habe dies bereits in der Ampel-Regierung umsetzen wollen. Im Jahr 2024 hätten Katar und Kasachstan Interesse an einem Kauf signalisiert. Ob diese Länder noch immer interessiert wären, ist allerdings unklar.
Rosneft hält in Deutschland wichtige Beteiligungen an den Raffinerien PCK in Schwedt, MiRo in Karlsruhe und Bayernoil in Neustadt. Insbesondere die PCK-Raffinerie in Schwedt ist für die Versorgungssicherheit im Osten Deutschlands entscheidend. Sie beliefert weite Teile der Region, den Großraum Berlin und den Hauptstadtflughafen BER. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte die Bundesregierung die deutschen Rosneft-Töchter unter Treuhandverwaltung gestellt, um ihren Weiterbetrieb und damit die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Das US-Finanzministerium teilte am Mittwoch mit, es habe eine Allgemeingenehmigung erteilt, die Transaktionen mit der Rosneft Deutschland GmbH und der RN Refining & Marketing GmbH bis zum 29. April 2026 erlaube. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hatte dies bereits am Dienstag in Aussicht gestellt. Ihr Ministerium arbeitet nach eigenen Angaben mit den US-Behörden an einer dauerhaften, rechtssicheren Klärung, die zeitnah erzielt werden soll.
(Bearbeitet von Holger Hansen; Redigiert von Scot W. StevensonBei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)










