Berlin (Reuters) – Hoffnungsschimmer für die angeschlagene deutsche Industrie: Nach vier Monaten mit sinkender Nachfrage hat sie im September erstmals wieder ein Auftragsplus geschafft, weil aus dem Ausland mehr Bestellungen ankamen.
Das Neugeschäft wuchs um 1,1 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Wachstum von 1,0 Prozent gerechnet. Während die Nachfrage aus dem Inland um 2,5 Prozent sank, zog die aus dem Ausland um 3,5 Prozent an. Besonders Länder außerhalb der Euro-Zone orderten mehr Waren “Made in Germany” (+4,3 Prozent).
Ökonomen sehen aber noch keinen Anlass für Euphorie. “Mehr Aufträge bedeuten derzeit nicht auch ein Mehr an Produktion”, sagte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger. “Es bedarf erst einmal weiterer Zuwächse, um die Auftragsverluste der Vormonate aufzuholen.” Das sei schwierig genug, zumal viele Unternehmen wieder über Materialmangel klagen würden – darunter die Autobranche wegen eines drohenden Mangels an Halbleitern.
Werden die oftmals stark schwankenden Großaufträge ausgeklammert, hätte es im September sogar zu einem Plus von 1,9 Prozent gereicht. Im weniger schwankenden Dreimonatsvergleich lag der gesamte Auftragseingang im Sommerquartal allerdings um 3,0 Prozent niedriger als im Frühjahr. “Eine klare Tendenz ist damit noch nicht feststellbar”, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium deshalb. “Die Entwicklung der Auftragslage bleibt angesichts der anhaltenden geopolitischen Unwägbarkeiten und zuletzt Unsicherheiten um die Versorgungslage bei wichtigen Vorprodukten fragil.”
“ZÜGE EINES STROHFEUERS”
Viele Experten rechnen damit, dass im kommenden Jahr die Binnennachfrage anzieht. “Mit den Investitionen in die deutsche Infrastruktur und Verteidigung sollten die ermutigenden Zeichen bald deutlicher werden – in den Auftragsbüchern ebenso wie in den Produktionshallen”, sagte Ökonom Michael Herzum vom Fondsanbieter Union Investment. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer zufolge “trägt das Züge eines Strohfeuers, weil es wohl nicht zu den notwendigen umfassenden Reformen kommt”.
Die positive Entwicklung der Aufträge im September geht vor allem auf Zuwächse in der Automobilindustrie (+3,2 Prozent) und bei den Herstellern von elektrischen Ausrüstungen (+9,5 Prozent) zurück. Auch das Plus im Sonstigen Fahrzeugbau (Flugzeuge, Schiffe, Züge, Militärfahrzeuge) von 7,5 Prozent wirkte sich positiv aus. Deutlich negativ beeinflusste das Gesamtergebnis hingegen der Rückgang bei der Herstellung von Metallerzeugnissen (-19,0 Prozent). Dort hatte es allerdings im Vormonat August mehrere Großaufträge gegeben.
Der Umsatz im Verarbeitenden Gewerbe sank im September trotz der verbesserten Auftragslage. Er fiel um 2,1 Prozent niedriger als im Vormonat. Im August hatte es einen Rückgang von 0,6 Prozent gegeben.
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)











