Berlin (Reuters) – Die erstmals seit Monaten wieder anziehende US-Nachfrage hat die deutschen Exporte im September überraschend stark steigen lassen.
Sie wuchsen um 1,4 Prozent zum Vormonat auf 131,1 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur ein Plus von 0,5 Prozent erwartet, nach einem Rückgang von 0,8 Prozent im August. Ökonomen und Verbände sehen aber keinen nachhaltigen Aufschwung. “Es ist noch zu früh, um von einer Kehrtwende bei den Exportzahlen zu sprechen”, sagte der Präsident des Außenhandelsverbandes BGA, Dirk Jandura. “Stimmung und Auftragslage im Außenhandel bleiben angespannt.”
Die meisten Ausfuhren gingen erneut in die USA. Dorthin wurden deutsche Waren im Wert von 12,2 Milliarden Euro geliefert und damit 11,9 Prozent mehr als im August. “Damit stiegen die Exporte in die USA nach fünf Rückgängen in Folge im Vormonatsvergleich erstmals wieder an”, erklärten die Statistiker. Hohe US-Zölle hatten die Nachfrage zuvor gedrückt: Im Sommer vereinbarten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Donald Trump dann einen Basiszoll von 15 Prozent für Lieferungen in die USA. “Die Einigung im Zollstreit zwischen der EU und den USA hat ein gewisses Maß an Verlässlichkeit geschaffen”, sagte BGA-Präsident Jandura. “Dies führte zu Nachholeffekten bei unserem größten Auslandsmarkt.” Das deutliche Exportplus im US-Geschäft sei “ermutigend”, sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. “Deutsche Waren sind trotz der erhobenen Zölle in den USA gefragt.” Verglichen mit September 2024 lagen die Exporte in die weltgrößte Volkswirtschaft allerdings immer noch um 14,0 Prozent niedriger.
“DREIFACHER CHINA-SCHOCK”
Die Ausfuhren in die EU-Staaten wuchsen um 2,5 Prozent zum Vormonat auf 74,3 Milliarden Euro. Das China-Geschäft schrumpfte dagegen: Die Ausfuhren in die Volksrepublik nahmen um 2,2 Prozent zum Vormonat auf 6,7 Milliarden Euro ab. “Die deutschen Exporteure sehen sich derzeit mit einem dreifachen China-Schock konfrontiert: einer schwächeren Nachfrage nach deutschen Produkten in der Volksrepublik, einem verstärkten Wettbewerb durch chinesische Hersteller sowie der Abhängigkeit von chinesischen Seltenen Erden”, sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski.
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) bleibt auch deshalb skeptisch. “Das leichte Exportplus im September ist ein Tropfen auf den heißen Stein”, sagte Außenwirtschaftschef Volker Treier. Für das zu Ende gehende Jahr erwartet die DIHK einen Rückgang der Exporte um rund ein Prozent. 2026 soll ein Plus von 0,5 Prozent folgen – “zu wenig, um verlorene Marktanteile zurückzugewinnen”, sagte Treier. “Deutschlands Exportwirtschaft droht, international den Anschluss zu verlieren.” Handelshemmnisse weltweit und strukturelle Probleme am Standort Deutschland belasteten.
AUCH CHINA LEIDET
Deutschland als Exportnation ist einer Studie zufolge immer stärker von den Zollschranken im Welthandel betroffen. Während 2023 nur rund zwei Prozent der deutschen Ausfuhren von neuen Zollmaßnahmen betroffen waren, stieg dieser Anteil 2024 bereits auf sieben Prozent, wie aus einer Analyse des Kreditversicherers Allianz Trade hervorgeht: Anfang November 2025 lag der Anteil nunmehr bei rund 25 Prozent der deutschen Ausfuhren.
Eingeführt nach Deutschland wurden im September Waren im Wert von 115,9 Milliarden Euro. Die deutschen Importe wuchsen damit um 3,1 Prozent zum Vormonat. Analysten hatten hier nur mit einem Wachstum von 0,5 Prozent gerechnet. Steigende Einfuhren können eine bessere Binnennachfrage signalisieren.
Die Stimmung in der deutschen Exportwirtschaft hat sich im Oktober wieder eingetrübt. Das Barometer für die Exporterwartungen sank auf 2,8 Punkte, wie das Münchner ifo Institut bei seiner Unternehmensumfrage ermittelte. Im September wurde mit 3,4 Zählern noch der höchste Wert seit fast zweieinhalb Jahren erreicht. “Eine echte Erholung ist nicht in Sicht”, sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe.
Auch bei Export-Weltmeister China läuft es derzeit nicht rund: Belastet von US-Zöllen sanken die Ausfuhren im Oktober überraschend um 1,1 Prozent, wie die Zollbehörde mitteilte. Dies ist der stärkste Rückgang seit Februar. Analysten hatten mit einem Wachstum von drei Prozent gerechnet, nachdem die Exporte im September noch um 8,3 Prozent zugelegt hatten. Zudem stiegen die Einfuhren mit einem Plus von einem Prozent deutlich langsamer.
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)











