Gipfelsturm an Europas Börsen – Bilanzen treiben Kurse

Frankfurt (Reuters) – Die Aussicht auf ein Ende des US-Shutdowns und erfreuliche Firmenbilanzen katapultieren Europas Börsen in teils bislang unerreichte Höhen.

Der paneuropäische Index STOXX 600 und der britische Leitindex FTSE 100 markierten am Mittwoch Rekordstände. Der Dax zog um bis zu 1,3 Prozent auf 24.395 Punkte an und markierte ein Zwei-Wochen-Hoch. Der EuroStoxx50 gewann 1,1 Prozent.

Das von den Republikanern kontrollierte US-Repräsentantenhaus wird im Laufe des Mittwochs über einen Kompromiss im Haushaltsstreit abstimmen, der die Finanzierung der Regierungsbehörden wiederherstellen und den Anfang Oktober begonnenen Stillstand beenden würde. Die Aussicht darauf linderte die Konjunktursorgen der Investoren. Sie warten nun auf die nachgeholten Datenveröffentlichungen, vor allem zum US-Arbeitsmarkt, die mehr Sichtbarkeit zur Einschätzung der US-Geldpolitik liefern dürften. “Wir glauben, dass weitere Beweise für einen sich abkühlenden Arbeitsmarkt den Weg für eine weitere Lockerung durch die Fed ebnen dürften”, erklärten die Analysten von UBS Global Wealth Management. Der US-Dollar präsentierte sich stärker: Der Dollar-Index zog um 0,2 Prozent auf 99,609 Punkte an.

DAX NICHT ALLZU WEIT WEG VOM REKORDHOCH

Die gute Stimmung an den Börsen könnte den Dax noch in diesem Jahr über sein bei 24.771,34 Punkten gesetztes Allzeithoch von Anfang Oktober hinaustragen. “Es gibt Gründe, warum sich risikoreiche Anlagen weiterhin gut entwickeln. Es ist vor allem die anhaltende Stärke der US-Wirtschaft und die Tatsache, dass es kein ernsthaftes Risiko einer Rezession in den USA zu geben scheint”, fasst Russel Matthews, Portfoliomanager bei RBC BlueBay Asset Management, zusammen.

Eine wichtige Rolle spiele dabei der Ausbau der KI-Infrastruktur. Gleichzeitig habe sich die Inflation moderater entwickelt als erwartet. In Deutschland dämpften billigere Energie und langsamer steigende Preise für Lebensmittel den Auftrieb im Oktober. Waren und Dienstleistungen verteuerten sich um durchschnittlich 2,3 Prozent zum Vorjahresmonat.

RWE AUF 14-JAHRES-HOCH

Am Aktienmarkt griffen Anleger vor allem bei Finanzhäusern zu, nachdem die niederländische Bank ABN Amro mit den Zahlen für das dritte Quartal die Markterwartungen übertraf. Zudem kaufte sie den Wettbewerber NIBC und will damit die Position auf dem Heimatmarkt stärken. Die Papiere hoben um 4,9 Prozent auf den höchsten Stand seit Januar 2018 ab. Der Branchenindex zog um 1,7 Prozent an.

Der europäische Versorgungssektor lag 1,2 Prozent im Plus. Hier stachen unter anderem RWE mit einem 14-Jahres-Hoch hervor. Deutschlands größter Stromerzeuger verdiente in den ersten neun Monaten mehr als erwartet. Ein milliardenschwerer Investitionsplan stimmte die Aktionäre des britischen Versorgers SSE optimistisch. Die Aktien sprangen um 12,8 Prozent auf ein Rekordhoch von 2228 Pence. Abgeschlagen waren hingegen Papiere von E.ON, die um 4,9 Prozent einknickten.

KI-AKTIEN IM AUFWIND – BRENNTAG UND BAYER IM PLUS

Infineon regte mit seinem Ausblick die KI-Fantasie der Anleger an. Der Chiphersteller verspricht sich vom weltweiten Boom einen Absatzschub bei Leistungshalbleitern für Rechenzentren. Beflügelt davon ging es mit den Aktien um 8,8 Prozent an die Dax-Spitze. Im Sog dessen hoben Papiere des Chipindustrie-Ausrüsters Aixtron als stärkster MDax-Wert um 11,8 Prozent ab. Ihnen half zusätzlich eine Kaufempfehlung der Bank of America.

Der neue Brenntag-Chef überzeugte die Anleger mit seinem verordneten Effizienzprogramm. Die Titel des Chemikalienhändlers kletterten um 4,7 Prozent. Bei Bayer habe vor allem die starke Entwicklung im Agrargeschäft positiv überrascht, urteilten die Analysten von Raiffeisen Research. Die Aktien gewannen 4,5 Prozent.

(Bericht von Anika Ross, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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