19 Tote bei neuem russischem Großangriff auf die Ukraine

Lwiw (Reuters) – Bei einem der schwersten russischen Luftangriffe der vergangenen Monate sind in der Ukraine mindestens 19 Menschen getötet worden.

Sie starben in der westukrainischen Stadt Ternopil, als ein Wohnhaus von einer Rakete getroffen wurde, wie die Behörden am Mittwoch mitteilten. Landesweit wurden den Angaben zufolge 66 weitere Menschen verletzt. Russland habe mehr als 470 Drohnen und 48 Raketen eingesetzt. Die nächtlichen Angriffe ereigneten sich vor Gesprächen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in der Türkei über Möglichkeiten zur Beendigung des Krieges. In diesem Zusammenhang berichtete das Nachrichtenportal Axios von einem neuen US-Plan für ein Kriegsende in Anlehnung an den Plan für den Gazastreifen.

Das russische Verteidigungsministerium sprach von “massiven” Angriffen auf Ziele in der Westukraine als Reaktion auf “terroristische Angriffe”. Zuvor hatte es erklärt, ein ukrainischer Angriff mit Raketen des US-Typs ATACMS auf die Stadt Woronesch sei abgewehrt worden. Alle vier Raketen seien von der Luftabwehr abgeschossen worden. Herabfallende Trümmer hätten allerdings die Dächer eines Altenheims und eines Waisenhauses sowie ein Wohnhaus beschädigt. Das ukrainische Militär hatte am Dienstag mitgeteilt, dass es Ziele in Russland mit von den USA gelieferten ATACMS angegriffen habe. Die Ukraine hatte die Waffensysteme 2023 erhalten, durfte sie jedoch zunächst nur auf eigenem Gebiet einsetzen. Sie hat aber seit vergangenem Jahr wiederholt russisches Gebiet mit ATACMS-Raketen attackiert. Russland hatte darauf mit größeren Angriffen reagiert.

Bei dem Angriff in Ternopil wurden die oberen Stockwerke des getroffenen Wohnhauses weggerissen. Aus dem Gebäude stieg schwarzer Rauch auf. Unter den zahlreichen Verletzten waren auch Kinder, wie der ukrainische Innenminister Ihor Klymenko erklärte. Die Angriffe richteten sich auch gegen die Energie- und Verkehrsinfrastruktur und führten in mehreren Regionen bei eisigen Temperaturen zu Notabschaltungen bei der Stromversorgung. Versorgern zufolge wurde die Energieinfrastruktur in sieben ukrainischen Regionen getroffen. Selenskyj forderte die Verbündeten auf, den Druck auf Russland zu erhöhen und der Ukraine mehr Flugabwehrraketen zu liefern. “Jeder schamlose Angriff auf das alltägliche Leben zeigt, dass der Druck auf Russland unzureichend ist”, schrieb Selenskyj auf der Online-Plattform X. “Wirksame Sanktionen und Hilfe für die Ukraine können dies ändern.”

POLEN UND RUMÄNIEN LASSEN LUFTRAUM MIT KAMPFJETS SICHERN

Polen ließ wegen der russischen Angriffe auf die benachbarte Westukraine erneut Kampfjets zum Schutz des eigenen Luftraums aufsteigen. Die Flughäfen Rzeszow und Lublin im Südosten Polens wurden vorübergehend geschlossen, um dem Militär im Luftraum mehr Bewegungsfreiheit zu geben. Das ukrainische Nachbarland Rumänien startete Kampfflugzeuge zur Luftraumsicherung nach der Ortung einer Drohne während der russischen Angriffe auf der anderen Seite der Donau. Darunter waren auch zwei Eurofighter eines Bundeswehr-Kontingents, das dort gemeinsam mit der rumänischen Luftwaffe den südöstlichen Luftraum des Nato-Gebiets sichert. Berichte über einen Drohneneinschlag auf rumänischem Gebiet lagen nicht vor. Es sind bereits mehrfach Trümmer russischer Drohnen in Rumänien während Angriffen auf die Ukraine niedergegangen.

BERICHT ÜBER NEUEN US-PLAN FÜR KRIEGSENDE NACH GAZA-VORBILD

Die US-Regierung arbeitet einem Medienbericht zufolge an einem neuen Plan zur Beendigung des Krieges in der Ukraine. Dies geschehe unter Einbeziehung Russlands, berichtete das Nachrichtenportal Axios unter Berufung auf Insider in den USA und Russland. Dabei handele es sich um einen 28-Punkte-Plan – in Anlehnung an den US-Plan für ein Ende des Kriegs zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen. Beinhalten soll er Frieden in der Ukraine, Sicherheitsgarantien, Sicherheit in Europa und die künftige Beziehung der USA zu Russland. Der Sondergesandte Steve Witkoff habe den Plan bereits mit dem ukrainischen Sicherheitsberater Rustem Umerow Anfang der Woche in Miami erörtert, hieß es laut Axios von ukrainischer Seite. Ein US-Insider habe gesagt, dass die US-Regierung auch bereits europäische Partner informiert habe. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte, dass es seit dem Gipfeltreffen von Putin und Trump im August keine neuen Entwicklungen zu verkünden gebe. Vom US-Präsidialamt war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Der Ukraine sind einem Insider zufolge eine Reihe von Vorschlägen der USA zur Beendigung des Krieges “signalisiert” worden. Die Regierung in Washington habe diese mit Russland besprochen, sagte ein ranghoher ukrainischer Regierungsvertreter. Die Ukraine sei jedoch nicht an der Ausarbeitung der Vorschläge beteiligt gewesen. Selenskyj will Insidern zufolge nach seinen Beratungen mit Erdogan am Donnerstag in Kiew zwei hochrangige Vertreter des US-Militärs empfangen.

(Bericht von Andriy Perun, Mitarbeit von Lidia Kelly und Anastasiia Malenko, geschrieben von Christian Götz, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

tagreuters.com2025binary_LYNXMPELAI0KA-VIEWIMAGE