Berlin (Reuters) – Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Unternehmen hat sich überraschend wieder verschlechtert und damit Hoffnungen auf eine rasche konjunkturelle Wende getrübt.
Der Ifo-Geschäftsklimaindex sank im November um 0,3 auf 88,1 Punkte, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner monatlichen Umfrage unter rund 9000 Führungskräften mitteilte. Ökonomen hatten hingegen mit einem Mini-Anstieg auf 88,5 Zähler gerechnet. Die Firmen blickten zwar etwas optimistischer auf ihre Lage, bewerteten aber zugleich ihre Aussichten skeptischer als zuletzt. “Die deutsche Wirtschaft zweifelt an einer baldigen Erholung”, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest.
Im Verarbeitenden Gewerbe trübte sich die Stimmung ebenfalls ein. “Insbesondere die Erwartungen bekamen einen deutlichen Dämpfer”, betonte Fuest. “Die deutsche Wirtschaft kommt nicht vom Fleck”, sagte Ifo-Konjunktur-Experte Klaus Wohlrabe der Nachrichtenagentur Reuters. “Es fehlt an Dynamik, die Wirtschaft stagniert vor sich hin.” Zentrales Problem bleibe der Auftragsmangel. Das Bruttoinlandsprodukt werde im laufenden vierten Quartal bestenfalls um 0,1 Prozent zulegen, sagte der Ifo-Umfragechef.
KONJUNKTURMASSNAHMEN “WIE KETCHUPFLASCHE”
Anstieg, Rückgang, Anstieg, Rückgang – der Ifo-Index zeigt seit August die sogenannte Wellblechkonjunktur in Deutschland mit viel Auf und Ab. LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch sprach nun von einer neuen Enttäuschung. Die bessere Lageeinschätzung spiele eigentlich kaum eine Rolle – “der Anstieg war minimal und das erreichte Niveau bleibt unterirdisch”. Vom erhofften “Herbst der Reformen” sei nicht viel übrig geblieben. “Leider ist die Politik Teil des Problems. Es wäre besser, wenn sie Teil der Lösung werden würde”, erklärte der Analyst.
“Zumindest vorerst besteht noch die Hoffnung, dass die Konjunkturmaßnahmen in Deutschland wie die gute alte Ketchupflasche funktionieren”, sagte ING-Chefökonom Carsten Brzeski. “Anfangs kommt, egal was man tut, nichts heraus, bis plötzlich alles auf einmal herausspritzt.” Die strukturellen Probleme Deutschlands würden dadurch aber nicht verschwinden.
“Man möchte sich gar nicht ausmalen, was geschieht, wenn der Schub durch das Fiskalpaket weitgehend ausbleibt”, ergänzte Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Umso wichtiger sei es, dass die Regierung endlich etwas gegen die Standortnachteile unternehme. “Auf den ausgebliebenen Herbst der Reformen darf nicht ein Winter mit Tiefschlaf folgen.”
DIENSTLEISTER HUI – HANDEL UND BAU PFUI
Im Dienstleistungssektor hellte sich das Klima erneut auf. Einen merklichen Rückschlag gab es im Bereich Transport und Logistik, während es im Tourismus spürbar bergauf ging.
Im Handel gab das Geschäftsklima nach. Insbesondere der Einzelhandel sei vom Beginn des wichtigen Jahresendspurts enttäuscht. “Vorfreude auf das Weihnachtsgeschäft sieht anders aus”, sagte Ifo-Experte Wohlrabe dazu.” Auch am Bau trübte sich die Stimmung wegen schwacher Nachfrage ein.
Nach einem Schrumpfen im Frühjahr und einer Stagnation im Sommer dürfte die deutsche Wirtschaft im laufenden Schlussquartal 2025 nach Einschätzung der Bundesbank wieder leicht wachsen. Ein spürbares Anziehen der Konjunktur erwarten Fachleute aber erst für das kommende Jahr, wenn die staatlichen Mehrausgaben für Infrastruktur und Verteidigung für Impulse sorgen dürften. Allerdings bremsen die US-Zölle und die bröckelnde Wettbewerbsposition im internationalen Konkurrenzkampf die deutsche Industrie.
“Früher konnte sich Deutschland aus Krisen herausexportieren”, sagte Wohlrabe. “Das fällt nun weg.” Die Exporterwartungen der Firmen seien gesunken. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit gerate unter die Räder. “Unser Wirtschaftsmodell steht strukturell unter erheblichem Druck.”
(Bericht von Klaus Lauer und Rene Wagner, Mitarbeit von Maria Martinez; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)











