– von Ilona Wissenbach
Frankfurt (Reuters) – Der Reiseriese TUI sieht sich nach einem Gewinnsprung auch in den kommenden Jahren auf Wachstumskurs und setzt dabei auf ein steigendes Angebot individueller Reisepakete.
So sei in dieser Woche der Verkauf dieser Reisen, bei denen Kunden Airlines und Hotels selbst zusammenstellen, mit Ryanair in Großbritannien überraschend gut angelaufen, sagte TUI-Chef Sebastian Ebel am Mittwoch. Der globale Marktführer für Pauschalreisen sei spät in das Geschäft mit Baustein-Reisen eingestiegen, sehe aber großes Potenzial.
Im vergangenen Geschäftsjahr nutzten drei von gut 20 Millionen Kunden diese Option, also ein Anteil von 15 Prozent. Ebel peilt einen Anteil von 50 Prozent an. TUI wolle sich damit eine treue Kundenschar schaffen. Zum Vorbild nimmt er sich dabei die Abonnements des Streamingdienstes Netflix oder den Prime-Status des Online-Versandhändlers Amazon. Das solle aber nicht zu Lasten von über Reisebüros vermittelten Pauschalreisen gehen. Mehr dazu und zu Wachstumsplänen in Regionen außerhalb Westeuropas will TUI auf einem Kapitalmarkttag im März erklären. “Wir sehen TUI nicht mehr als deutsches, englisches Unternehmen – wir sehen unseren Markt in der Welt, das ist eine signifikante Geschäftsausweitung.”
GEWINN WIE ZU NORMALEN ZEITEN
Das bis September laufende Geschäftsjahr 2024 war für TUI das erste, das nicht mehr von der Corona-Pandemie beeinträchtigt wurde. Es bescherte dem Konzern aus Hannover außerdem Wachstum durch die Pleite des Konkurrenten FTI aus München, der bis zu seiner Pleite im Juni die Nummer drei in Deutschland war. Zudem kletterten die Reisepreise weiter, um mit der Inflation steigende Kosten aufzufangen. Auch das normalisiere sich, da die Teuerungsrate ein Plateau erreicht habe. Finanzchef Mathias Kiep zufolge erzielte TUI so mit der fast gleichen Kundenzahl wie 2019, dem Jahr vor Ausbruch der Pandemie, 25 Prozent mehr Umsatz. Beschäftigt sind bei dem Unternehmen heute 65.000 Menschen, das sind 6000 weniger als vor fünf Jahren.
Das bereinigte Betriebsergebnis schnellte um ein Drittel auf 1,3 Milliarden Euro. TUI traf damit die Erwartung von Analysten nach einer Erhebung von LSEG. Mit 20,3 Millionen Gästen für Pauschalreisen, Kreuzfahrten und individuelle Touren sowie Unternehmungen erzielte der weltweit größte Reiseanbieter gut 23 Milliarden Euro Umsatz, ein Plus von zwölf Prozent zum Vorjahr. “Wir haben das erreicht, was wir versprochen haben”, sagte Ebel. “2024 war für uns ein sehr gutes Jahr.” Reisen stehe nach wie vor trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage in Deutschland hoch im Kurs.
FRÜH BUCHEN, MEHR GÖNNEN
Trotz der schwachen Wirtschaft im Heimatmarkt Deutschland, neben Großbritannien der wichtigste Markt für TUI, geht der MDax-Konzern von ungebrochenem Wachstum aus. So liegen die Buchungen für die Wintersaison derzeit vier Prozent über Vorjahr bei fünf Prozent höheren Durchschnittspreisen. “Der Sommer hat vielversprechend begonnen”, sagte Ebel. Das Sommerprogramm ist wie im Vorjahr zu 17 Prozent verkauft, wobei die Buchungen bei höherem Angebot sieben Prozent über Vorjahr liegen und die Preise um drei Prozent kletterten. In Deutschland belaufe sich das Plus aufgrund des FTI-Marktaustritts auf 20 Prozent. Wie TUI Deutschland kürzlich erklärte, buchen die Kundinnen und Kunden immer früher. Der Trend, sich etwas mehr Luxus zu gönnen, etwa mit höheren Zimmerkategorien, halte an.
Für das laufende Jahr erwartet TUI einen Umsatzanstieg um fünf bis zehn Prozent und ein Ergebnisplus um sieben bis zehn Prozent. Auch mittelfristig will das Unternehmen dieses Wachstumstempo jährlich beibehalten. “Unser Ziel bleibt, mit TUI in allen Segmenten profitabler, effizienter und stärker zu werden – und das global”, sagte Ebel. An der Börse verbilligte sich die TUI-Aktie um fünf Prozent, nachdem der Titel vor der Bilanzvorlage zugelegt hatte. Der Ausblick sei nicht gut genug, erklärte ein Händler. TUI-Finanzchef Kiep spannte die Anleger außerdem weiter auf die Folter, wann wieder mit einer Dividende zu rechnen ist – das werde in einem Jahr entschieden.
(redigiert von Myria Mildenberger Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)