Berlin (Reuters) – Zur Entlastung von Arbeitnehmern sollen Sparer und Anleger nach Vorstellungen der Grünen Sozialbeiträge auf Kapitaleinkünfte wie Zinsen und Aktiendividenden zahlen.
Dies soll laut Co-Parteichef Felix Banaszak aber nur hohe Einkommen treffen. “Für Kleinsparer ändert sich hier nichts”, sagte Banaszak am Montag. “Ziel ist, dass kein Kleinsparer einen Unterschied bemerkt.” Unterstützung für den von Kanzlerkandidat Robert Habeck am Sonntag gemachten Vorschlag kam vom Sozialverband, während die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger und die FDP Kritik äußerten.
Habeck hatte in der ARD den Vorschlag aus dem Wahlprogramm seiner Partei zur Entlastung der Abgaben auf Löhne und Gehälter konkretisiert. “Wir würden gerne die Beitragsgrundlage erhöhen”, sagte Habeck. Kapitalerträge seien von den Sozialabgaben befreit. “Warum soll eigentlich Arbeit höher belastet sein als Einkommen durch Kapitalerträge? Deswegen schlagen wir vor, dass wir auch diese Einkommensquellen (…) sozialversicherungspflichtig machen.” Damit werde der Druck auf die Arbeitslöhne deutlich reduziert: “Das wäre sozusagen ein Schritt zu mehr Solidarität innerhalb des Systems.”
KAPITALEINKÜNFTE BISHER SOZIALABGABENFREI
Auf Kapitalerträge werden keine Sozialabgaben gezahlt, aber eine Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent auf Einkünfte, die über den Freibetrag von 1000 Euro hinausgehen. Im Wahlprogramm der Grünen heißt es, sie wollten auch das “Auseinanderklaffen der Besteuerung von Arbeits- und Kapitaleinkünften” angehen.
Banaszak zufolge haben die Grünen alle Kapitaleinkünfte im Visier. Es solle allerdings ein hoher Freibetrag gelten, den Banaszak auf Nachfrage aber nicht nennen konnte. Zugleich wies er Kritik zurück. Ihm sei kein Vorschlag etwa der Union bekannt, wie man Arbeitnehmer bei den Sozialbeiträgen entlasten könne.
Das Vorhaben der Grünen träfe “genau die gerne von der Politik als die wichtige Mittelschicht titulierten Facharbeiter”, sagte der Chef der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, Daniel Bauer, der Funke Mediengruppe. Millionäre treffe dies nicht, da Sozialbeiträge durch Bemessungsgrenzen begrenzt seien. FDP-Vizefraktionschef Christoph Meyer sagte: “Habecks Vorschlag offenbart die ökonomische Kleingeistigkeit und den Sozialneid der Grünen.”
Der Sozialverband Deutschland stellte sich hinter den Vorschlag. “Aus verteilungspolitischer Sicht ist das ein sehr guter Vorstoß – und eine alte SoVD-Forderung. Warum sollen für diese Aufgaben nur Löhne und Gehälter belastet werden? Das ist schlicht ungerecht”, sagte die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier der Funke Mediengruppe.
Die Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung waren zu Jahresbeginn durch Anhebungen bei der Kranken- und der Pflegeversicherung deutlich gestiegen. Allein in der Krankenversicherung hatte der Schätzerkreis eine Anhebung des durchschnittlichen Zusatzbeitrages um 0,8 Punkte auf 2,5 Prozent empfohlen. Mit dem regulären Beitragssatz von 14,6 Prozent läge der Gesamtbeitrag bei 17,1 Prozent.
(Bericht von Holger Hansen, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)