Berlin (Reuters) – Deutschland droht nach zwei Rezessionsjahren in Folge 2025 ein neuer Rückschlag: Mit den ZEW-Konjunkturerwartungen von Börsenexperten zeigt der erste wichtige Frühindikator für den Januar überraschend deutlich nach unten.
Das Barometer für die Aussichten in den kommenden sechs Monaten fiel um 5,4 Punkte auf 10,3 Zähler, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag zu seiner Umfrage unter 156 Analystinnen und Analysten mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Rückgang auf 15,3 Punkte gerechnet.
“Ausbleibende Konsumausgaben der privaten Haushalte sowie eine schwache Baunachfrage belasten weiterhin die deutsche Wirtschaft”, sagte ZEW-Chef Achim Wambach. “Sollten sich diese Trends im aktuellen Jahr fortsetzen, wird Deutschland weiter hinter die restlichen Euro-Länder zurückfallen.” Hinzu komme eine gestiegene politische Unsicherheit. “Diese wird getrieben durch eine mögliche schwierige Koalitionsbildung in Deutschland sowie Unklarheit über die Wirtschaftspolitik der Trump-Regierung”, ergänzte Wambach. Das Barometer für die aktuelle Lage legte dagegen um 2,7 Punkte zu, verharrt aber mit minus 90,4 Zählern tief im negativen Bereich.
Die deutsche Wirtschaft ist im vergangenen Jahr um 0,2 Prozent geschrumpft und damit das zweite Mal in Folge. Zwei Rezessionsjahre hintereinander gab es zuletzt vor mehr als zwei Jahrzehnten 2002/03. Die gesunkenen Erwartungen der Börsenexperten könnten auch auf die schlechten Konjunkturdaten sowie steigenden Inflationsdruck zurückgehen, sagte Wambach.
Für 2025 sagen Ökonomen nur eine schwache Erholung voraus. “Mit neuem Schwung ist im laufenden Jahr nicht zu rechnen”, sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. “Hierfür ist für die exportabhängige deutsche Industrie das außenwirtschaftliche Umfeld zu schwach.” Ein Unsicherheitsfaktor ist der neue US-Präsident Donald Trump: Er hatte im Wahlkampf Zölle auf Waren aus der EU ins Spiel gebracht. Das könnte Exporteuropameister Deutschland stark treffen, denn die Vereinigten Staaten sind der größte Abnehmer von Waren “Made in Germany”. “Der Rückprall dürfte einmal mehr vor allem dem Faktor Unsicherheit zuzuschreiben sein”, sagte auch Volkswirt Marc Schattenberg von Deutsche Bank Research. “Zudem zeigt sich die deutsche Konjunktur weiter schwach und könnte im Schlussquartal 2024 sogar leicht geschrumpft sein.”
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Klaus Lauer. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)