– von Christian Kraemer
Berlin/Frankfurt (Reuters) – Das von US-Präsident Donald Trump angekündigte Mammutprojekt zum Ausbau der digitalen Infrastruktur für Künstliche Intelligenz (KI) unterstreicht die Dominanz der USA in dieser Schlüsseltechnologie.
Mehrere Tech-Konzerne wollen in den kommenden vier Jahren bis zu 500 Milliarden Dollar in das Gemeinschaftsprojekt Stargate stecken, wie Trump im Beisein von Managern ankündigte. Diese Ansage müsse als Weckruf verstanden werden, erklärten der Digitalverband Bitkom und der Startupverband am Mittwoch in Berlin. “Zieht die EU nicht nach und erhöht die eigenen Anstrengungen massiv, wird die US-Führungsrolle bei KI ebenso zementiert werden wie unsere digitale Abhängigkeit”, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.
Deutschland habe unterdessen für KI eingeplante fünf Milliarden Euro von 2020 bis 2025 noch nicht einmal vollständig investieren können, kritisierte der Bitkom-Chef. Es brauche nicht nur mehr Geld. KI dürfe nicht zuallererst als Bedrohung, sondern als Chance wahrgenommen werden. Die Regulierung müsse entsprechend gelockert werden.
Der deutsche Startupverband sieht die EU in der Pflicht, auf den unmissverständlichen Führungsanspruch der USA zu reagieren. “Künstliche Intelligenz hat das Zeug, die wirtschaftliche und technologische Zukunft Europas neu zu definieren”, sagte Verbandschefin Verena Pausder. “Aber die Finanzierungslücke zu den USA ist gewaltig. Deutschland und Europa müssen loslaufen, denn die USA sind schon im Sprint.”
KI OHNE SCHRANKEN?
Kurz nach seinem Amtsantritt hatte Trump die von seinem Vorgänger Joe Biden erlassene Regulierung Künstlicher Intelligenz aufgehoben. Diese sollte Risiken für die Verbraucher und die nationale Sicherheit begrenzen und definierte Standards für die Entwicklung. UN-Generalsekretär Antonio Guterres warnte beim Weltwirtschaftsforum in Davos vor einer unregulierten Nutzung von KI. Eine unbegrenzte Ausweitung könne eine existenzielle Bedrohung für die Menschheit darstellen. KI könne trügerisch sein und Wirtschaftssysteme stören.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron betonte bei einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Paris, KI sei einer der Schlüsselsektoren, in denen Europa federführend und Vorreiter sein müsse. Anfang Februar sei ein Gipfeltreffen zu dem Thema geplant. “Wir haben eine deutsch-französische gemeinsame Roadmap für KI und werden diese vorantreiben, damit auch unsere Unternehmen mitziehen und weiter wachsen können.”
Die Bundesregierung erklärte, sie wolle KI mitgestalten und unterstütze die europäische KI-Regulierung. “Wir schauen uns das sehr genau an”, sagte Sprecherin Christiane Hoffmann zu den US-Plänen. Deutlicher äußerte sich ein Sprecher des Digitalministeriums: “Europa muss hier seine Hausaufgaben machen.” Es brauche weniger Regulierung und eine bessere Verfügbarkeit von Daten. Außerdem müssten Innovationen stärker gefördert werden.
An der Börse befeuerte Stargate die Kurse. Beteiligt daran sind Techfirmen mit Rang und Namen in den USA: Microsoft, Oracle, Softbank, OpenAI, Nvidia und Arm. Die Aktien von Oracle gewannen in Frankfurt neun Prozent. Softbank sprangen in Tokio um mehr als zehn Prozent. Im Sog der US-Werte zogen auch europäische Techwerte wie SAP, Aixtron oder Suss Microtech an.
(Weitere Reporter: Steve Holland, Bart Meijer, Andreas Rinke, Anika Ross; geschrieben von Ilona Wissenbach, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)