Belgrad (Reuters) – In Serbien könnte es nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Milos Vucevic schon bald zu Neuwahlen kommen.
Präsident Aleksandar Vucic sagte in einer Fernsehansprache am Dienstagabend, seine Partei werde sich zehn Tage Zeit nehmen, um zu entscheiden, ob sie eine Mehrheitsregierung bilden oder eine vorgezogene Parlamentswahl abhalten wolle. Neuwahlen könnte es im April geben, sagte Vucic. Eine Interimsregierung komme nicht in Frage.
Ministerpräsident Vucevic hatte zuvor am Dienstag als Reaktion auf anhaltende Proteste gegen die Regierung seinen Rücktritt angekündigt. Er wolle damit Spannungen abbauen, hatte er erklärt. Vucevic ist der ranghöchste Politiker, der sein Amt niederlegt, seit Antikorruptionsproteste das Land erfasst haben. In Belgrad gibt es seit November täglich Demonstrationen gegen die Regierung. Auslöser war der Einsturz eines Daches in einem Bahnhof in der zweitgrößten serbischen Stadt Novi Sad, bei dem 15 Menschen ums Leben kamen. Tausende Demonstranten, darunter Studenten, Lehrer und andere Arbeitnehmer, machen Korruption dafür verantwortlich. Vucevic ist seit 2023 Chef der regierenden Mitte-Rechts-Gruppierung Serbische Fortschrittspartei.
Serbien hat historische Beziehungen Serbiens zu Russland und dem Westen. Serbien ist ein Kandidat für den Beitritt zur Europäischen Union, soll dafür aber die Beziehungen zu seinem Nachbarn und seiner ehemaligen Provinz Kosovo normalisieren. Oppositionsparteien und Menschenrechtler werfen Vucic und seiner SNS-Partei Bestechung von Wählern, Unterdrückung der Medienfreiheit, Gewalt gegen Oppositionelle, Korruption und Verbindungen zum organisierten Verbrechen vor. Vucic und seine Verbündeten streiten diese Vorwürfe ab.
Die Oppositionspartei Kreni-Promeni hat nach dem Rückzug von Vucevic eine Übergangsregierung gefordert, die sich aus Experten zusammensetzt. Sie hat andere Oppositionsparteien aufgefordert, Wahlen nicht zu boykottieren, falls sie abgehalten werden.
(Bericht von Aleksandar Vasovic und Ivana Sekularac, geschrieben von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)