Berlin/Brüssel (Reuters) – Die EU-Kommission will den europäischen Wirtschaftsstandort wettbewerbsfähiger machen und so den Rückstand gegenüber den USA und China verringern.
Vorgesehen sind unter anderem ein spürbarer Bürokratieabbau, niedrigere Energiekosten sowie Investitionen in zukunftsträchtige Bereiche wie Künstliche Intelligenz, Biotechnologie oder Quantencomputer. Die Wirtschaft begrüßte die Ankündigungen. “Nun müssen aber auch Taten folgen”, sagte der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian, am Mittwoch.
Die EU-Kommission umreißt in ihrem “Kompass für Wettbewerbsfähigkeit”, wie sie in den nächsten Jahren dem Standort einen “ordentlichen Schub” verleihen will. “Zunächst gilt es, die unternehmerische Tätigkeit zu erleichtern.” So sollen Verwaltungsaufwand und Berichtspflichten um 25 Prozent reduziert werden, für kleine und mittelständische Betriebe sogar um 35 Prozent. In einem Zeitraum von fünf Jahren sollen so Kosteneinsparungen in Höhe von 37,5 Milliarden Euro möglich werden. Das EU-Recht soll zudem einem Stresstest unterzogen werden. Geplant sind Vorschläge zur Vereinfachung. Investitionen werden vor allem in die digitale Infrastruktur angestrebt.
Konkret sollen erste Projekte am 26. Februar vorgestellt werden. Darunter ist ein Plan, um über einen längeren Zeitraum die energieintensive Industrie klimafreundlicher zu machen und die Produktion grüner Technologien auszuweiten. Am selben Tag will die Kommission Details zum Abbau von Berichtspflichten für Unternehmen nennen. Ein Schwerpunkt soll dabei auf Nachhaltigkeitsberichten für größere Konzerne liegen. Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen sagte, die EU werde bei ihren Klimazielen Kurs halten. Es brauche auf dem Weg dahin aber Flexibilität. Teile der Wirtschaft werfen der Kommission vor, mit einem zu starken Öko-Kurs Europas Firmen zu bremsen.
WIRTSCHAFT: BRAUCHEN BEI BÜROKRATIE BEFREIUNGSSCHLAG
“Die Brüsseler Bürokratie ist längst zu einer kaum tragbaren Belastung geworden”, sagte der Präsident des Großhandelsverbands BGA, Dirk Jandura. Hier brauche es einen echten Befreiungsschlag. Der deutsche Chemieverband VCI kritisierte, dass es beim Kurs staatlicher Interventionen mit einer zentralen Industriepolitik bleibe. “Der Staat sollte sich aus der Wirtschaft zurückziehen.” Im Wettbewerb mit China und den USA werde zunehmend auf Abschottung und Subventionen gesetzt.
DIHK-Präsident Adrian ergänzte, die deutliche Mehrheit der Industriebetriebe sei der Meinung, der europäische Standort sei seit 2019 spürbar zurückgefallen. Wichtig seien jetzt niedrigere Energiepreise und mehr Handelsabkommen. Der Industrieverband BDI verwies auf eine Studie, wonach 76 Prozent der deutschen Firmen die Abhängigkeit von digitalen Technologien aus China beunruhigend fänden. “Die Europäische Kommission muss ihren Regelungseifer beschränken und gezielt in digitale Schlüsseltechnologien wie Mikroelektronik und Künstliche Intelligenz investieren.”
(Bericht von Christian Krämer und Philip Blenkinsop, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)