Aktionärsschützer fordern von Thyssenkrupp-Chef klare Strategie

Düsseldorf (Reuters) – Gut anderthalb Jahre nach der Übernahme des Chefpostens beim kriselnden Industriekonzern Thyssenkrupp haben Aktionärsschützer von Vorstands-Boss Miguel Lopez eine klare Strategie und mehr Durchschlagskraft gefordert.

“Die Aktienkursentwicklung von 7,23 Euro auf 3,48 Euro zum Ende des vergangenen Geschäftsjahres ist alarmierend”, kritisierte der Experte der Fondsgesellschaft DWS Investment, Hendrik Schmidt, am Freitag anlässlich der virtuellen Hauptversammlung des Unternehmens. Ein Verlust von mehr als 50 Prozent sei ein deutliches Signal dafür, dass strategische Entscheidungen und operative Maßnahmen bisher nicht die erhoffte Wirkung zeigten. “Wir erwarten von Ihnen, sehr geehrter Herr Lopez, sowie vom gesamten Vorstand ein klares Konzept, wie Sie das Vertrauen des Kapitalmarkts zurückgewinnen möchten.”

Lopez hatte Mitte 2023 die Führung bei Thyssenkrupp übernommen. Mit Unterstützung insbesondere von Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm und gegen die zum Teil heftige Kritik der Arbeitnehmerseite versucht er, den Ruhr-Konzern auf Rendite zu trimmen. Im Mittelpunkt steht die Verselbstständigung des Stahlgeschäfts und der Marine-Sparte. Ein Durchbruch ist ihm bislang nicht gelungen. Beim Stahl verhandelt er seit Monaten mit dem tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky nach dem Verkauf eines Anteils von 20 Prozent über ein Paket von weiteren 30 Prozent. Gespräche mit dem US-Investor Carlyle Group über einen Verkauf der Marine-Sparte sind gescheitert. Derweil schreibt der Konzern unter dem Strich weiter Verluste – für das Geschäftsjahr 2023/24 steht ein Fehlbetrag von 1,45 Milliarden Euro in den Büchern.

“Das vergangene Jahr war wieder einmal ein verlorenes Jahr für uns Thyssenkrupp-Aktionäre”, kritisierte der Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei Deka Investment, Ingo Speich. Alle Hoffnungen auf eine Erholung hätten sich nicht realisiert. “Das Vertrauen des Kapitalmarkts in die Strategie und deren Umsetzung ist weg.” Der Umbau von Thyssenkrupp habe sich nicht beschleunigt, im Gegenteil: Es herrsche Stillstand. “Sie machen es wie Ihre Vorgänger: viel versprechen und nicht liefern. Mit Pauken und Trompeten antreten und dann kommt nichts heraus als heiße Luft.”

(Bericht von Tom Käckenhoff, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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