Frankfurt/Berlin (Reuters) – Die Bundesbank hat wegen der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) 2024 einen Rekordverlust geschrieben.
Erstmals seit 1979 kam es zu roten Zahlen. Der Verlust lag im vorigen Jahr bei 19,2 Milliarden Euro, wie die Bundesbank am Dienstag in Frankfurt mitteilte. 2023 war sogar ein Fehlbetrag von 21,6 Milliarden Euro angefallen, doch konnte ihn die Notenbank damals noch mit ihren umfangreichen Finanzpuffern ausgleichen. Nach vollständiger Auflösung der Rücklagen von 0,7 Milliarden Euro kam es 2024 zu dem Rekordverlust. Künftig dürften die zusätzlichen Verluste pro Jahr allerdings geringer ausfallen: “Der Höhepunkt der jährlichen Belastungen dürfte also überschritten sein”, sagte Bundesbankpräsident Joachim Nagel.
Er betonte, die deutsche Zentralbank habe eine solide Bilanz. Doch sei auch in den nächsten Jahren mit roten Zahlen zu rechnen. Erst danach sei wieder mit Überschüssen zu rechnen. Er wolle aber nicht darüber spekulieren, wann dies sein werde.
“UNEINGESCHRÄNKT HANDLUNGSFÄHIG”
Ihre Verluste werde die Bundesbank in die nächsten Jahre vortragen und mit künftigen Gewinnen wieder ausgleichen: Sie sei “uneingeschränkt handlungsfähig”. Nagel verwies darauf, dass sich das Nettoeigenkapital in einer Größenordnung von 251 Milliarden Euro bewege: “Das ist für uns die entscheidende Größe – also deswegen keine Überschuldung.” Die Bewertungsreserven, insbesondere beim Gold, seien um ein Vielfaches höher als der aktuelle und die zu erwartenden Bilanzverluste. Konkret belaufen sie sich demnach Ende 2024 auf 267 Milliarden Euro.
Die geldpolitischen Maßnahmen der vergangenen Jahre wirkten allerdings weiterhin nach, erklärte Bundesbank-Vizepräsidentin Sabine Mauderer. “Die Zinswende und die damit verbundenen Leitzinserhöhungen in den Jahren 2022 und 2023 haben vieles in Bewegung gebracht.” Noch bis Anfang Juni 2024 lag der Einlagesatz im Euroraum auf dem Rekordniveau von 4,00 Prozent. Zum Jahresende 2024, nach vier Zinssenkungen, ging er auf 3,00 Prozent zurück. Und aktuell liegt er bei 2,75 Prozent.
Die umfangreichen Wertpapierbestände der Bundesbank für geldpolitische Zwecke unterliegen einem Zinsänderungsrisiko: Die Kombination von langfristigen geldpolitischen Wertpapieren mit niedriger Verzinsung auf der Aktivseite und kurzfristigen, höher verzinslichen Einlagen der Kreditinstitute auf der Passivseite führe zu erheblichen Belastungen, so Mauderer. Für 2025 erwartet sie, dass sich diese finanziellen Belastungen verringerten. Zum einen laufen niedrig verzinste Anleihen im Portfolio aus. Zum anderen sollen die Zinsaufwendungen für Einlagen der Banken weiter sinken. Das Zinsänderungsrisiko werde kleiner, da die geldpolitischen Wertpapierbestände stärker zurückgehen dürften, betonte Mauderer.
Der Nettozinsertrag als größte Komponente der Gewinn- und Verlustrechnung verbesserte sich 2024 im Vergleich zum Vorjahr zwar leicht um 0,8 Milliarden Euro, lag jedoch mit 13,1 Milliarden Euro weiterhin deutlich im Minus. Zugleich verringerte sich 2024, wie von der Bundesbank angestrebt, die Bilanzsumme. Sie schrumpfte um rund 149 Milliarden Euro oder 5,9 Prozent auf 2373 Milliarden Euro.
(Bericht von Frank Siebelt, Reinhard Becker; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)