G20-Finanztreffen unter schlechtem Stern – Mehr Absagen als Einigkeit

Kapstadt/Berlin (Reuters) – Zahlreiche Absagen haben das Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs aus den 20 führenden Industrie- und Schwellenländern überschattet.

Beobachter kritisierten am Mittwoch, es sei dadurch eine Chance vertan worden, unter seltener afrikanischer G20-Präsidentschaft die zunehmende Kluft zwischen reichen und armen Ländern zu verringern und stärker gegen Armut zu kämpfen. Südafrika warb für internationale Zusammenarbeit und hofft, im Verlauf des Jahres konkrete Pläne zu verabschieden.

Die Beratungen in Kapstadt sind bis Donnerstag angesetzt. Zu den wichtigsten Themen gehören die hohe Verschuldung vieler Staaten sowie der Kampf gegen den Klimawandel. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine 2022 wurden die G20-Finanztreffen aber immer wieder von geopolitischen Fragen überschattet, die Einigungen erschwerten. Zuletzt stellte die neue US-Regierung von Präsident Donald Trump internationale Absprachen zum Klimaschutz und zum Steuersystem infrage. Der Republikaner will die US-Entwicklungsbehörde drastisch zusammenstutzen. Auch Großbritannien verschiebt Entwicklungsgelder und nutzt diese lieber für die Verteidigung.

Zahlreiche Absagen kamen hinzu, vor allem vom neuen US-Finanzminister Scott Bessent. Sein japanischer Amtskollege Katsunobu Kato hat Verpflichtungen im heimischen Parlament. Auch aus China, Indien und Kanada fehlten die Minister. EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis kam wegen neuer Gesetzespakete der Brüsseler Behörde nicht. Bundesfinanzminister Jörg Kukies hatte nach der Bundestagswahl seine Pläne geändert und wollte nur am Mittwoch in Kapstadt sein. Der SPD-Politiker wird am Donnerstag in Berlin benötigt. Union und SPD wollen kurzfristig ausloten, ob noch vor der Konstituierung des neuen Bundestages ein weiterer Sondertopf für die Landesverteidigung geschaffen werden sollte. Dies dürfte mit den Mehrheiten im neuen Bundestag schwieriger werden.

KEINE BESCHLÜSSE ERWARTET

Entsprechend wird es Südafrika als diesjähriger G20-Gastgeber schwer haben, mit den geplanten Themen voranzukommen. Präsident Cyril Ramaphosa will mehr Geld von reicheren Ländern gegen den Klimawandel mobilisieren und das Finanzsystem zugunsten ärmerer Staaten verbessern. “Diese globalen Prioritäten sind in Gefahr”, sagte Politikwissenschaftler Alex van den Heever von der Universität Witwatersrand in Johannesburg. Die USA teilten die Pläne nicht.

Ramaphosa rief die G20-Staaten zu Beginn des Treffens zur Zusammenarbeit auf. Dies sei angesichts globaler Unsicherheiten und zunehmender Spannungen wichtiger denn je. Die bröckelnde internationale Abstimmung sei eine Gefahr für die Weltwirtschaft und die Stabilität. “Es ist von entscheidender Bedeutung sicherzustellen, dass die Rechte und Interessen der Schwachen nicht den Ambitionen der Mächtigen untergeordnet werden.” Experten werteten die vielen Absagen als Zeichen, dass der Kampf gegen Armut nicht hoch im Kurs steht.

Die G20-Gruppe wurde nach der Finanzkrise in Asien von 1999 ins Leben gerufen. Die Staaten stehen für etwa 85 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung.

(Bericht von Tim Cocks und Christian Krämer, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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