Klingbeil bietet Union schnelle Gespräche über Koalitionsbildung an

Berlin (Reuters) – Die neue SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil hat der Union zügige Gespräche zur möglichen Bildung einer Koalition angeboten.

“Wir wollen auch, dass es zu schnellen Gesprächen kommt”, sagte der SPD-Co-Vorsitzende nach seiner Wahl am Mittwoch in Berlin. “Wir wollen (…) keine Zeit verlieren auf dieser Strecke, aber wir wollen das (…) in aller Gründlichkeit mit der Union besprechen.” Dafür werde man nun zeitnah beraten und einen Zeitplan für Verhandlungen aufstellen. Klingbeil warnte CDU-Chef Friedrich Merz aber, eine Regierungsbildung sei kein Selbstläufer. Vertraulichkeit sei wichtig – die Union könne alle Vorschläge vergessen, die über Medien verbreitet würden. Zudem forderte er die CDU/CSU-Fraktion auf, eine Anfrage mit 551 Fragen zurückzuziehen, die auf das politische Engagement von vom Bund geförderten Nichtregierungsorganisationen zielt. “Was da gestern passiert ist mit dieser Anfrage, ist ein Foulspiel.”

Klingbeil sagte, dass er mit seiner Wahl zum Fraktionschef ein starkes Mandat für die kommenden Verhandlungen mit der Union bekommen habe. Der 47-jährige Niedersachse erhielt bei der geheimen Abstimmung 85,6 Prozent der Stimmen. 95 Abgeordnete stimmten mit Ja, 13 mit Nein. Es gab drei Enthaltungen und zwei ungültige Stimmen. Damit erreichte Klingbeil in etwa sein Ergebnis auf dem SPD-Bundesparteitag bei der Wahl zum Parteichef (86,3 Prozent). Er selbst sprach von einem “ehrlichen Ergebnis”. Es müsse eine Aufarbeitung des historisch schlechtesten Wahlergebnisses der SPD geben. Dieser Verantwortung werde auch er sich stellen.

Mit Blick auf Koalitionsgespräche sagte er, es liege auch in der Verantwortung der SPD, dass das Land eine handlungsfähige Regierung bekomme. “Aber es liegt jetzt auch an Friedrich Merz, dass es gelingen kann.” Als wichtige Themen nannte er unter anderem Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, wirtschaftliche Stärke, die Sicherung von Arbeitsplätzen und dass “Menschen, die hart arbeiten (…) mehr Geld im Geldbeutel haben”. Zuvor hatte sich SPD-Co-Chefin Saskia Esken verwundert gezeigt, dass sich die Unions-Spitze trotz der erklärten Eile nicht gemeldet habe. “Wir stehen für Gespräche bereit”, sagte sie Reuters. “Bisher hat sich Herr Merz bei mir noch nicht gemeldet.”

Klingbeil sagte, seine Fraktion werde nicht für einen AfD-Vizepräsidenten im Bundestag stimmen. Er werde auch alles dafür tun, dass der Sitzungssaal der SPD, der sogenannte Otto-Wels-Saal, weiter von den Sozialdemokraten genutzt werden könne. Die AfD, die zweitstärkste Kraft bei der Bundestagswahl wurde, hatte Anspruch auf die Nutzung dieses Saals erhoben.

Der neue SPD-Fraktionschef sagte nicht, ob er im Fall der Fälle von der Fraktion in ein Ministeramt wechseln würde. “Diese Gespräche sollte jeder, der auf unserer Seite mitverhandelt, völlig frei von der Frage tun, was wird aus einem persönlich”, so Klingbeil. Dass der Parteichef, dem auch Minister-Ambitionen nachgesagt wurden, nun auch Fraktionschef ist, gilt auch als Hinweis darauf, dass die SPD für eine Regierungs- und eine Oppositionsrolle vorbereitet sein will.

(Bericht von Andreas Rinke und Alexander Ratz; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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