Berlin (Reuters) – Die deutsche Wirtschaft bietet zum Jahresauftakt Licht und Schatten.
Die Produktion zog im Januar kräftig an, mit den Exporten ging es jedoch überraschend bergab: Die Ausfuhren verringerten sich um 2,5 Prozent im Vergleich zum Vormonat auf 129,2 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Volkswirte hatten mit einem Zuwachs von 0,5 Prozent gerechnet. Von den Produktionszahlen wurden sie zugleich positiv überrascht: Industrie, Bau und Energieversorger stellten im Januar zusammen 2,0 Prozent mehr her als im Vormonat – der stärkste Anstieg seit August.
“Ob die Industriekonjunktur auf einen Erholungskurs einbiegt, hängt zu einem hohen Maße auch von der Politik ab”, so die Einschätzung von Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der Liechtensteiner VP Bank. Das von den potenziellen Koalitionspartnern CDU/CSU und SPD geplante hochvolumige Ausgabenprogramm für Verteidigung und Infrastruktur könnte demnach die Produktion im verarbeitenden Gewerbe anschieben. Bislang sei aber noch offen, ob im Bundestag die nötige Zweidrittelmehrheit zustande komme.
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer wertet die jüngsten Produktionszahlen als eine gute Nachricht aus der krisengeschüttelten deutschen Industrie, die im Januar deutlich mehr produziert habe als im Durchschnitt des vierten Quartals. Er erwartet für das gesamte Jahr allerdings nur eine Stagnation des deutschen Bruttoinlandsprodukts, auch weil US-Präsident Donald Trump die EU am Ende mit höheren Zöllen belegen könnte.
Das Bundeswirtschaftsministerium tritt trotz der gut ausgefallenen Produktionszahlen auf die Euphoriebremse: “Auch wenn zum Jahresbeginn vorherige Produktionsverluste teilweise wieder ausgeglichen werden konnten, zeichnet sich im Produzierenden Gewerbe insgesamt noch keine Erholung ab.” Angesichts der zuletzt deutlich rückläufigen Auftragseingänge sowie der abermals gestiegenen geopolitischen Unsicherheiten sei derzeit noch keine nachhaltige Belebung der Industrieproduktion abzusehen.
Michael Herzum, Leiter Volkswirtschaft bei Union Investment, erwartet für die kommenden Monate immerhin eine leichte Zunahme der Fertigung. Er verweist unter anderem darauf, dass Stimmungsindikatoren wie das Ifo-Geschäftsklima und die Einkaufsmanagerindizes mittlerweile von steigender Zuversicht zeugten: “Wir glauben, dass das Frühlingsgefühl auch dann anhält, wenn sich Donald Trump etwa durch seine Zollpolitik zwischendurch als Regenmacher betätigt”, so der Experte.
Die Stimmung unter den deutschen Exporteuren hat sich laut dem Ifo-Institut im Februar zwar aufgehellt. Der Exportwirtschaft fehle es aber an Dynamik und Aufbruchstimmung. Die heimischen Unternehmen warteten weiterhin auf einen Anstieg der Nachfrage aus dem Ausland, so die Münchner Forscher.
EXPORT ANFÄLLIG FÜR STRAFMASSNAHMEN TRUMPS
Die meisten deutschen Exporte gingen im Januar erneut in die USA: Dorthin wurden mit 13,0 Milliarden Euro aber 4,2 Prozent weniger Waren ausgeführt als im Dezember. “Die USA bleiben bedeutendste Destination für deutsche Exporte, was in Anbetracht der laufenden Zolldiskussion gleichzeitig auch die Anfälligkeit gegenüber US-Strafmaßnahmen zeigt”, so VP Bank-Chefökonom Gitzel.
In die EU-Staaten wurden zum Jahresauftakt Waren im Wert von 69,8 Milliarden Euro exportiert, ein Minus von 4,2 Prozent zum Vormonat. Die Ausfuhren in Länder außerhalb der EU – sogenannte Drittstaaten – sanken um 0,4 Prozent auf 59,4 Milliarden Euro. Die Exporte in nach China sanken dabei um 0,9 Prozent auf 6,7 Milliarden Euro. Die Lieferungen nach Großbritannien wuchsen hingegen um 1,7 Prozent auf 6,8 Milliarden Euro.
(Bericht von Reinhard Becker. Mitarbeit: Klaus Lauer. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)