Washington (Reuters) – Die Abschiebung von rund 260 mutmaßlichen Kriminellen nach El Salvador hat für die Regierung von US-Präsident Donald Trump ein Nachspiel – und für den Richter, der sie untersagt hatte.
Der US-Bundesrichter James Boasberg forderte die Regierung am Montag auf, zu erklären, ob sie sich mit der Abschiebung über eine gerichtliche Anordnung hinweggesetzt habe. Zudem müsse sie Details über den Zeitpunkt der Flüge liefern, mit denen die Venezolaner nach El Salvador gebracht wurden. Indes teilte das Justizministerium mit, man wolle Boasberg von dem Fall abziehen. Trump hat seit seinem Amtsantritt im Januar mehrmals versucht, Grenzen der Gerichtsbarkeit zu verschieben. Da der von seinen Republikanern kontrollierte Kongress dies meist unterstützt, sind Bundesrichter oft die einzige Bremse und legen vieles auf Eis, um zunächst die Rechtmäßigkeit zu prüfen.
Die Trump-Regierung hat am Wochenende Personen nach El Salvador abgeschoben, die überwiegend Mitglieder der venezolanischen Bande Tren de Aragua sein sollen. Diese wird mit Entführungen, Erpressungen und Auftragsmorden in Verbindung gebracht. Bürgerrechtler hatten gleichwohl die Abschiebung mit einer Dringlichkeitsanhörung verhindern wollen.
Bundesrichter Boasberg hatte dazu am Samstag um 17.00 Uhr mit einer Anhörung per Videokonferenz begonnen. Flugdaten zufolge starteten in den USA kurz darauf zwei Airbus-Jets, die mutmaßlich Abzuschiebende an Bord hatten. Um 18.45 Uhr lehnte Richter Boasberg die von Trump angeführte Begründung für die Abschiebung ab und erklärte, die Anwälte der Regierung müssten diese sofort davon Kenntnis setzen. Zudem müsse “jedes Flugzeug, in dem sich diese Leute befinden – sei es, weil es abheben wird oder sich in der Luft befindet – in die USA zurückgebracht werden”. Boasberg wiederholte dies unmittelbar und sagte, die Menschen müssten in die USA zurückgebracht werden, “wie auch immer das erreicht wird”, etwa indem ein Flugzeug umdrehe. Boasberg unterstrich den Punkt ein drittes Mal und sagte den Anwälten: “Dies ist etwas, das Sie sofort sicherstellen müssen.”
Flugdaten zeigen, dass die Airbus-Maschinen zu dem Zeitpunkt noch in der Luft waren. Sie landeten dann am Abend zunächst in Honduras und hoben dort am späteren Abend zu ihrem Endziel El Salvador ab. Es gibt noch einen dritten Airbus der mutmaßlich Abzuschiebende an Bord hatte und erst nach Richter Boasbergs Anweisungen in den USA startete und ebenfalls mit Zwischenstopp in Honduras nach El Salvador flog.
Trump hatte sich bei den Abschiebungen auf den “Alien Enemies Act” aus dem Jahr 1798 berufen. Das Weiße Haus hatte am Sonntag erklärt, Bundesgerichte hätten “keine Zuständigkeit” für Trumps Befugnis, ausländische Feinde auf der Grundlage eines Gesetzes aus dem 18. Jahrhundert auszuweisen. Am Montag erklärte die Trump-Administration, die mündliche Anweisung des Richters, alle Flugzeuge zurückzuholen, sei “nicht durchsetzbar” gewesen, da sie nicht in einer schriftlichen Anordnung enthalten sei. Gegen Boasbergs spätere schriftliche Anordnung habe man nicht verstoßen, weil die Maschinen da bereits abgeflogen seien.
Der Verfassungsrechtler Michael J. Gerhardt von der University of North Carolina School of Law, sagte, das Argument “grenze ans Absurde”. Es stehe auch im Widerspruch zu bewährtem Verfassungsrecht, das besage, dass Bundesbeamte der Verfassung unterworfen seien – egal wo sie sich befinden. “Ein Regierungsflugzeug, das in Regierungsangelegenheiten unterwegs ist, befindet sich nicht in einer gesetzesfreien Zone”, sagte Gerhardt. Wenn das anders wäre, “dann kann die Regierung einfach alles tun, was sie anscheinend tun will, solange sie sich nicht mehr auf amerikanischem Boden befindet.”
(Bericht von Ted Hesson, Jack Queen, Katharine Jackson, Sarah Lynch, Grtam Slattery und Susan Heavey, Geschrieben von Ralf Bode, redigiert von Alexandra Falk. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)