– von Nandita Bose und David Lawder und David Shepardson und Leika Kihara und Satoshi Sugiyama
Washington (Reuters) – US-Präsident Donald Trump hat Sonderzölle auf alle nicht in den USA gefertigten Autos in Höhe von 25 Prozent angekündigt.
Die Maßnahme solle ab dem 2. April gelten, gab der Republikaner am Mittwoch zur Unterzeichnung eines entsprechenden Erlasses bekannt. Die Zölle sollen demnach für immer gelten und auch leichte Nutzfahrzeuge (light trucks) erfassen. Trump zufolge wird die neue Regelung dazu führen, dass Autohersteller ihre Werke in den USA bauen. Nach Trumps Ankündigung bezeichnete die Präsidentin des deutschen Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, die Entscheidung als fatales Signal für freien und regelbasierten Handel. Der Präsident der US-Autogewerkschaft UAW erklärte dagegen, die Autozölle seien ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Für Autoteile gilt laut Trump dieselbe Regel: Wenn sie in den USA gefertigt würden, würden keine Zölle für sie erhoben. In einer Ankündigung des Präsidialamts auf dem Kurznachrichtendienst X hieß es jedoch, im Rahmen des Handelsabkommens mit Mexiko und Kanada gefertigte Teile würden zunächst ausgenommen, bis der US-Handelsminister ein Verfahren für ihre Bewertung ausgearbeitet habe. Trump stellte auch Steuererleichterungen beim Autokauf in Aussicht. Ziel sei es, zu erreichen, dass die Zinszahlungen auf entsprechende Kredite abgesenkt werden können, wenn die Fahrzeuge in den USA gebaut worden seien.
Bei der Unterzeichnung des Erlasses erklärte der US-Präsident, dass Autoimporte weiterhin die industrielle Basis und die nationale Sicherheit der USA bedrohen würden. Diese Bedrohungen, die erstmals im Rahmen einer im Februar 2019 – also während seiner ersten Amtszeit – abgeschlossenen Untersuchung festgestellt worden seien, seien nach wie vor aktuell und hätten sich sogar noch verschärft. Die Verhandlungen und Handelsabkommen mit Südkorea, Kanada und Mexiko hätten das Handelsgleichgewicht nicht ausreichend verändert und die ausländische Automobilindustrie sei begünstigt durch “unfaire Subventionen und aggressive Industriepolitik” erheblich gewachsen, so Trump. Die Amerikaner kauften im Jahr 2024 etwa 16 Millionen Autos, Geländewagen und leichte Nutzfahrzeuge, von denen etwa die Hälfte importiert wurde, während der durchschnittliche Inlandsanteil der anderen Hälfte auf 40 bis 50 Prozent geschätzt wird, so das Weiße Haus in einem Merkblatt.
EU: PRÜFEN NUN US-MASSNAHMEN
In einer ersten Reaktion in der Nacht sprach EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihr tiefes Bedauern über den Schritt aus. Die EU werde in den kommenden Tagen den Schritt zusammen mit anderen geplanten Maßnahmen prüfen. Die EU verhandelt mit den USA, um eine Eskalation des Handelskonflikts abzuwenden. Angekündigte Gegenzölle auf eine Reihe von US-Produkten, darunter Whiskey, hatte die EU zuletzt verschoben.
Trump hat länger mit zusätzlichen Zöllen auf importierte Fahrzeuge gedroht, jedoch Höhe und Einführung unklar gelassen. Trump hatte die Quote von 25 Prozent bereits im Februar in den Raum gestellt. Seit seinem erneuten Amtsantritt im Januar überzieht Trump zahlreiche Länder mit Zöllen oder droht damit. Für den 2. April hat er die Einführung “reziproker” Zölle angekündigt, um die Unterschiede zu Zollsätzen einzelner Länder auszugleichen. Trump stört sich an den Handelsdefiziten seines Landes und will Unternehmen zu Investitionen in den USA bewegen.
DEUTSCHLAND: POLITIKER UND AUTOGEWERKSCHAFT FORDERN REAKTION
Nach der Ankündigung der Sonderzölle auf Autoimporte fordern deutsche Politiker eine harte Reaktion der EU. “Die Antwort kann nur europäisch sein, da Außenhandel in EU-Zuständigkeit liegt”, sagte Unions-Außenpolitiker Armin Laschet (CDU) dem ZDF. Reagiert werden müsse “mit voller Wucht” für den großen europäischen Binnenmarkt insgesamt. “Ähnlich wie Juncker” in der ersten Amtszeit Trumps geantwortet habe, solle wieder zweigleisig reagiert werden: “Gegenzölle androhen, die treffen und Angebot zu Gesprächen machen”, so Laschet. Der CDU-Politiker Norbert Röttgen fordert: “Die geschäftsführende Bundesregierung sollte …souverän reagieren: cool-unaufgeregt, europäisch und im Kontakt mit dem künftigen Kanzler.” Die EU sei vorbereitet, Geschlossenheit wichtig. “Ich erwarte gezielte und maßvolle Gegensanktionen, die demonstrieren, dass wir auch Instrumente haben, aber nicht eskalieren.”
Die Präsidentin des deutschen Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, hat die Zölle als fatales Signal für den Handel bezeichnet und umgehende Verhandlungen zwischen den USA und der EU über ein bilaterales Abkommen gefordert. “Dieses würde ein Forum für die Erörterung der verschiedenen tarifären und nichttarifären Hemmnisse für Automobilprodukte bieten und könnte zu einem ausgewogeneren Vorgehen führen”, sagte die VDA-Präsidentin am späten Mittwochabend in einer Mitteilung des Verbandes. Auch seien Gespräche über gesetzliche Regelungen, Normen und Zertifizierungen wünschenswert, da sie beiden Seiten des Atlantiks Vorteile brächten und die Effizienz auf beiden Seiten erhöhten, so Müller weiter. Sie hält das Risiko für einen globalen Handelskonflikt für alle Seiten gleich hoch, bleibt aber optimistisch: “In der ersten Amtszeit von US-Präsident Trump konnten sich die EU und die USA nach intensiven Diskussionen auf eine Lösung des damaligen Handelskonfliktes einigen.” Dies zeige, dass in Verhandlungen Lösungen gefunden werden können, die den wechselseitigen Interessen Rechnung tragen würden.
ZÖLLE ERSCHÜTTERN US-AUTOHERSTELLER – GEWERKSCHAFT POSITIV
Auch die US-Automobilhersteller und ihre globalen Konkurrenten wurden durch die Ankündigung der Sonderzölle erschüttert. Die Aktien von General Motors brachen im nachbörslichen Handel um acht Prozent ein. Die Aktien von Ford und die in den USA gehandelten Aktien der Chrysler-Muttergesellschaft Stellantis fielen um jeweils 4,5 Prozent. In Asien fielen die Aktien von Toyota, Honda und Hyundai um jeweils rund drei Prozent. Die Aktien von Tesla, das alle in den USA verkauften Autos vor Ort, aber mit einigen importierten Teilen herstellt, fielen um 1,3 Prozent. Tesla-Chef Elon Musk erklärte, die Auswirkungen der Autozölle auf Tesla seien erheblich: “Es ist wichtig zu erwähnen, dass Tesla hier nicht ungeschoren davonkommt”, postete Musk in einem Beitrag auf X.
Shawn Fain, der Präsident der Gewerkschaft für die Automobilindustrie in den USA – United Auto Workers Union (UAW), zeigte sich positiv in seiner Reaktion auf die neuen Autozölle: “Wir applaudieren der Trump-Regierung, dass sie sich dafür einsetzt, das Freihandelsdesaster zu beenden, das jahrzehntelang die Arbeiterklasse belastet hat. Diese Zölle sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung für die Automobilarbeiter und die Arbeitergemeinschaften im ganzen Land.” Es läge jetzt an den Autoherstellern, von den Big Three bis Volkswagen und darüber hinaus, gute gewerkschaftliche Arbeitsplätze in die USA zurückzubringen, sagte Fain.
JAPAN UND KANADA: WERDEN BALD AUF ZÖLLE REAGIEREN
Nach Ansicht von Analysten könnten die neuen Autozölle der USA vor allem der japanischen Wirtschaft einen schweren Schlag versetzen, da sie von den Autoexporten in die Vereinigten Staaten abhängig ist. Der japanische Ministerpräsident Shigeru Ishiba erklärte, Tokio werde bald auf die Zölle reagieren. “Wir müssen abwägen, was das Beste für Japans nationale Interessen ist. Wir legen alle Optionen auf den Tisch, um die effektivste Antwort zu finden”, sagte Ishiba am Donnerstag im Parlament. Nach Angaben des japanischen Finanzministeriums machten Automobile im Jahr 2024 28,3 Prozent der japanischen Gesamtexporte in die USA aus, der höchste Anteil unter allen Waren. “Japan ist ein Land, das die meisten Investitionen in die Vereinigten Staaten tätigt, daher fragen wir uns, ob es (für Washington) sinnvoll ist, einheitliche Zölle auf alle Länder anzuwenden. Das ist ein Punkt, auf den wir hingewiesen haben und weiterhin hinweisen werden”, so Ishiba.
Der kanadische Ministerpräsident Mark Carney bezeichnete die von US-Präsident Donald Trump angekündigten neuen Autozölle als direkten Angriff auf die kanadischen Arbeitnehmer. Vor Reportern in Kitchener, Ontario, sagte Carney, er werde am Donnerstag ein hochrangiges Treffen der Kabinettsminister einberufen, um Handelsoptionen zu diskutieren. “Wir werden unsere Arbeiter verteidigen, wir werden unsere Unternehmen verteidigen, wir werden unser Land verteidigen, und wir werden es gemeinsam verteidigen”, sagte er. Kanada erwäge durchaus Vergeltungsmaßnahmen gegen die Vereinigten Staaten, so Carney weiter.
STUDIE: PREISE FÜR AUTOS KÖNNTEN UM TAUSENDE DOLLAR STEIGEN
Das Center for Automotive Research hatte vor Trumps Ankündigung errechnet, dass Zölle den Preis eines Autos in den USA um Tausende von Dollar in die Höhe treiben dürften. Das könnte zu einem Absatzeinbruch und zum Abbau von Arbeitsplätzen führen, da die US-Autoindustrie stark auf importierte Teile angewiesen ist. Die USA importierten im Jahr 2024 Automobilprodukte im Wert von 474 Milliarden Dollar, darunter Pkw im Wert von 220 Milliarden Dollar. Die größten Lieferanten waren Mexiko, Japan, Südkorea, Kanada und Deutschland, allesamt Verbündete der USA.
Für die deutsche Autobranche wären die Zölle ein harter Schlag. Auf Pkw-Importe aus der EU verlangen die USA derzeit einen Zoll von 2,5 Prozent, während der EU-Zollsatz bei zehn Prozent liegt. Nach Daten der International Trade Administration wurden im vergangenen Jahr 784.889 europäische Fahrzeuge in den USA verkauft, 57 Prozent davon stammten aus Deutschland. Umgekehrt wurden nur 217.230 Autos aus den USA nach Europa gebracht, wobei der größte Teil dieser Importfahrzeuge aus der US-Produktion europäischer Hersteller stammt, etwa von BMW.
(Geschrieben von Sabine Wollrab, Scot W. Stevenson und Alexandra Falk.; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)