Top-Ökonomen: Trumps Zölle schaden Deutschland – “Für Digitalsteuer”

Berlin (Reuters) – Top-Ökonomen rechnen wegen der von US-Präsident Donald Trump angekündigten hohen Zölle auf Autoimporte mit Gegenwind für die ohnehin darbende deutsche Wirtschaft.

“Die Zölle treffen mit dem Auto das wichtigste Exportgut Deutschlands”, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. “Das ist für sich genommen eine große Belastung für die deutsche Wirtschaft.” Zusätzliche Gefahren drohten, wenn es jetzt zu einer Eskalation des Handelskrieges komme.

“Die Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft werden überschaubar sein, auf die betroffenen Branchen und Regionen aber dafür um so stärker”, warnte die Chefin der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer. “Auf alle Fälle wird aber die Unsicherheit massiv steigen, das allein wird der Wirtschaft schaden.” Das sieht das Institut für Weltwirtschaft (IfW) ganz ähnlich. Die Folgen der angekündigten Zölle seien für die gesamte Wirtschaft “erstmal überschaubar”, sagte IfW-Präsident Moritz Schularick.

Diese dürften die deutsche Volkswirtschaft jedoch stärker treffen als andere, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. “Allerdings dürften die unmittelbaren Auswirkungen auf die deutsche Volkswirtschaft als Ganzes erst einmal begrenzt bleiben – auch weil viele Amerikaner weiter hochwertige deutsche Autos auch zu höheren Preisen kaufen werden.” Trumps Unberechenbarkeit könne aber die Unsicherheit für deutsche Unternehmen weiter erhöhen und Vertrauen zerstören.

“FUNKTIONIERT NICHT OHNE GEGENDRUCK”

Fuest rät der Politik dazu, eine Doppelstrategie zu fahren. “Die EU sollte mit den USA das Gespräch suchen, um die US-Regierung zur Rücknahme der Zölle zu bewegen”, sagte der Münchner Wissenschaftler. “Ohne einen gewissen Gegendruck wird das aber nicht funktionieren.” Deshalb müsse die EU glaubwürdig mit Gegenmaßnahmen drohen. “Das könnte beispielsweise die Ankündigung einer Digitalsteuer sein, die US-Unternehmen hart treffen würde”, sagte der Ifo-Chef. Bevor Gegenmaßnahmen ergriffen werden, solle man jedoch Zeit für Verhandlungen einräumen.

“Wir sollten uns als Europäer mit den anderen Ländern, die offene Märkte behalten wollen, zusammenschließen und gemeinsam für eine regelbasierte Weltwirtschaft eintreten – auch mit Vergeltungsmaßnahmen”, rät IfW-Präsident Schularick. Schnitzer empfiehlt das auch. “Die EU-Kommission sollte natürlich in Verhandlungen mit der US-Regierung eintreten”, sagte die Vorsitzende des Sachverständigenrates Wirtschaft. “Aber nicht, indem sie Zugeständnisse anbietet, sondern indem sie Gegenzölle und andere Gegenmaßnahmen androht.”

Fratzscher fordert eine maßvolle Reaktion, um eine Eskalation zu vermeiden. Dabei sollte die EU klug vorgehen und nicht proportional die Zölle auf US-Autos erhöhen, “zumal die in Europa eh kaum jemand kauft”. Die EU sollten die verantwortlichen US-Politiker dort treffen, wo es ihnen wehtue. “Daher sollten EU-Zölle etwa auch auf Whisky und Motorräder aus den USA ein Teil der Antwort sein”, sagte der DIW-Chef.

Trump hat Sonderzölle auf alle nicht in den USA gefertigten Autos in Höhe von 25 Prozent angekündigt. Die Maßnahme solle ab dem 2. April gelten, gab der Republikaner bekannt. Das Ifo-Institut traut der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr bislang nur ein Mini-Wachstum von 0,2 Prozent zu. Erst 2026 könnte sich die Lage mit einem erwarteten Anstieg des Bruttoinlandsproduktes von 0,8 Prozent etwas verbessern. 2024 und 2023 ist Europas größte Volkswirtschaft jeweils leicht geschrumpft.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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