Banken laut EZB-Umfrage bei Vergabe von Firmenkrediten vorsichtig

Frankfurt (Reuters) – Die Banken in der Euro-Zone haben zum Jahresstart einer EZB-Umfrage zufolge die Zügel bei den Vergabestandards für Kredite an Unternehmen im Zuge der unsicheren Konjunkturaussichten angezogen.

Im ersten Quartal verschärften die Institute ihre internen Vergabe-Leitlinien leicht, wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Dienstag zu ihrer jüngsten Kreditumfrage unter 155 Geldhäusern mitteilte. Der Schritt sei auf die gestiegenen konjunkturellen Risiken zurückzuführen, erklärte die Notenbank. Aber auch branchen- und firmenspezifische Faktoren hätten eine Rolle gespielt. Die Verschärfung sei vor allem von Banken in Deutschland und in vier kleineren Ländern getragen worden. Für das zweite Quartal bis Ende Juni wird eine weitere moderate Verschärfung der Standards erwartet.

“Die fragile Wirtschaftssituation aufgrund der US-Zollpolitik führt auch dazu, dass die Banken bei der Kreditvergabe weiter vorsichtig sind,” kommentierte Volkswirtin Jenny Körner von der staatlichen Förderbank KfW die Ergebnisse. Die zuletzt heftigen Finanzmarktturbulenzen und das gesunkene Marktvertrauen hätten die Institute zudem an Liquiditätsrisiken erinnert, was auch weiterhin eine vorsichtige Kreditvergabe begründe. Aus Sicht von Bert Colijn, Chefvolkswirt Niederlande des Bankhauses ING, dürften die verhaltenen Umfrageergebnisse die EZB zu weiteren Zinssenkungen ermutigen. “Als ob sie dafür nicht schon genug Gründe hätte,” fügte er hinzu. “Angesichts der Handels- und Marktturbulenzen, des stärkeren Euro und der Wachstumssorgen erwarten wir, dass die EZB die Zinsen am Donnerstag erneut um 0,25 Prozentpunkte senkt.”

Den Umfrage-Ergebnissen zufolge fragten Unternehmen im ersten Quartal trotz der weiter gesunkenen Zinsen auch etwas weniger Kredite nach. Der Nachfragerückgang gehe insbesondere auf die Institute in Frankreich zurück, während Geldhäuser in Italien keine Veränderung und Banken in Deutschland und Spanien Zuwächse verzeichnet hätten, erklärte die EZB. Für das laufende zweite Jahresviertel gehen Banken insgesamt von einer leichten Zunahme der Nachfrage nach Firmendarlehen aus.

STRAFFUNG BEI KREDITEN AN GROßUNTERNEHMEN IN DEUTSCHLAND

In Deutschland habe die Straffung der Vergabestandards ausschließlich Großunternehmen betroffen, erklärte die Bundesbank zu den Ergebnissen. Für kleine und mittelgroße Firmen seien die Vergabe-Leitlinien dagegen geringfügig gelockert worden. Für das laufende zweite Jahresviertel planten die Institute hierzulande eine weitere Verschärfung der Vergabestandards. Laut Bundesbank nahm die Nachfrage nach Firmenkrediten hierzulande leicht zu, was die Institute unter anderem mit einem erhöhten Bedarf für Fusionen, Übernahmen und Umstrukturierungen begründeten. Auch Faktoren wie Umfinanzierung und Umschuldung hätten eine Rolle gespielt. “Auch das Zinsniveau stützte erneut die Kreditnachfrage, wenngleich in geringerem Maße als in den beiden Quartalen zuvor”, erklärte die Bundesbank.

Für die EZB liefern die Umfrageergebnisse des sogenannten “Bank Lending Survey” (BLS) stets wichtige Informationen zur Entwicklung der Finanzierungsbedingungen in der Euro-Zone. Die turnusmäßige Erhebung unter den Banken fand diesmal vom 10. bis zum 25. März statt. Am Donnerstag entscheiden die Währungshüter auf ihrer Zinssitzung erneut über die Schlüsselsätze im Euroraum. Wie ING-Volkswirt Colijn rechnen die meisten Experten mit einem weiteren Zinsschritt um einen viertel Prozentpunkt nach unten. Es wäre die siebte Zinssenkung seit Juni 2024. Der maßgebliche Einlagensatz, den Finanzinstitute erhalten, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken, würde dann auf 2,25 Prozent sinken.

(Bericht von Frank Siebelt; Redigiert von Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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