Baloise und Helvetia wollen zur Schweizer Nummer zwei aufsteigen

Zürich (Reuters) – In der Schweizer Versicherungsbranche werden die Karten neu gemischt.

Die Nummer vier Helvetia und die Nummer sechs Baloise wollen sich zum zweitgrößten Anbieter des Landes hinter Zurich zusammenschließen. Mit einem Börsenwert von rund 18 Milliarden Franken würde Helvetia Baloise gleichzeitig unter die Top Ten Europas aufrücken. “Wir dürfen ein Generationenprojekt vorstellen, ein Generationenprojekt, das beide Unternehmen, Helvetia und Baloise, in eine neue Liga bringen wird”, erklärte Baloise-Verwaltungsratspräsident Thomas von Planta am Dienstag. “Im Ergebnis entsteht eine unternehmerische Größe, die im Versicherungsgeschäft relevant ist.” Die Anleger reagierten erfreut, die Aktien beider Unternehmen legten an der Schweizer Börse jeweils über zwei Prozent zu.

Es handle sich um eine “Fusion unter Gleichen”, teilten die Firmen mit. Technisch werde Baloise in Helvetia fusioniert. Am neuen Unternehmen halten die bisherigen Helvetia-Aktionäre 53 Prozent, 47 Prozent die Baloise-Eigner. Der mit einem Anteil von rund einem Drittel größte Helvetia-Aktionär, die Patria Genossenschaft, habe ihre Unterstützung bereits zugesagt. Der größte Baloise-Aktionär Cevian wollte sich dagegen noch nicht in die Karten blicken lassen. Ein Sprecher lehnte eine Stellungnahme ab. Ohne Unterstützung des aktivistischen Investors aus Schweden, der fast zehn Prozent der Anteile des Basler Unternehmens hält, dürfte das Unterfangen allerdings einen schweren Stand haben. Auf der außerordentlichen Generalversammlung vom 23. Mai müssen mindestens zwei Drittel der Baloise-Aktionäre grünes Licht für den Deal geben. Falls die Aktionäre dem Zusammenschluss zustimmen, soll die Transaktion im vierten Quartal vollzogen werden.

Cevian sitzt Baloise seit vergangenem Jahr im Nacken. Die vom Unternehmen im September angekündigte Strategieanpassung geht dem Investor nicht weit genug. Cevian fordert unter anderem, dass sich Baloise aus Deutschland und auch aus dem Schweizer Bankgeschäft zurückzieht.

Nicht ausgeschlossen ist, dass ein anderer Branchenvertreter eine Konkurrenzofferte für Baloise vorlegen könnte. Medienberichten zufolge hatten Zurich, Allianz sowie die französische Axa geprüft, ob sie ein Angebot für Baloise oder Teile ihres Geschäfts abgeben würden, falls diese zum Verkauf stünden. Zurich-Chef Mario Greco hatte in einem Zeitungsinterview gesagt, dass er sich Baloise ansehen wolle, sollte das Unternehmen verfügbar sein.

“ES WIRD EINEN STELLENABBAU GEBEN”

Obwohl beide Firmen eigene Kostensenkungsprogramme laufen haben, wollen sie gemeinsam weitere rund 350 Millionen Franken vor Steuern einsparen, zwei Drittel davon beim Personal. “Es wird beim Personal Überschneidungen geben – sowohl bei den Gruppenfunktionen als auch im Geschäft in der Schweiz und in Deutschland”, erklärte Helvetia-Chef Fabian Rupprecht, der auch den fusionierten Konzern lenken soll. “Das heißt auch, dass es einen Stellenabbau geben wird.” Zahlen wollte er nicht nennen. Zusammen haben die Firmen gegenwärtig über 22.000 Mitarbeiter. Neben der Schweiz und Deutschland sind die Firmen auch in Frankreich, Italien, Spanien, Belgien, Österreich und Luxemburg aktiv. Die Integrationskosten beliefen sich auf rund 500 bis 600 Millionen Franken.

Die Dividende könnte 2029 gemessen an den aktuellen Konsensprognosen um rund 20 Prozent steigen. “Der Merger kommt nach den diversen Marktspekulationen der letzten Monate nicht ganz überraschend”, erklärte ZKB-Analyst Georg Marti. “Die neue Gruppe wird ein wichtiger Wettbewerber sein, wovon die Aktionäre mit besseren Finanzkennzahlen profitieren können.”

Von Planta erklärte, beide Firmen hätten mit ihren neuen Konzernchefs ihre Strategien im vergangenen Jahr überprüft. “Dies hat einen Abgleich beider Strategien ermöglicht: Dabei sind wir zum Schluss gekommen, dass jetzt beidseitig ein opportuner Zeitpunkt für eine strategische Chance besteht.” Der Verwaltungsrat von Helvetia Baloise solle aus 14 Mitgliedern bestehen, sieben von Baloise und sieben von Helvetia. Von Planta sei als Präsident vorgesehen. Mit Widerstand von der Schweizer Finanzmarktaufsicht oder auch von europäischen Wettbewerbsbehörden rechnen die Gesellschaften nicht.

(Bericht von Oliver Hirt, redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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