Berlin (Reuters) – Finanzexperten rechnen ungeachtet des Handelsstreits nicht mit einer erhöhten Inflation in Deutschland und der Euro-Zone – wohl aber in den USA.
Die Verbraucherpreise dürften in der Währungsunion sowohl in diesem als auch im kommenden Jahr um 2,3 Prozent steigen, sagen die vom Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) befragten Analysten voraus. Die Teuerungsrate läge damit knapp über dem Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent. Für Deutschland werden ähnliche Werte erwartet.
Im Gegensatz dazu dürfte die erwartete US-Inflationsrate für 2025 und 2026 mit 3,2 und 3,1 Prozent deutlich den Zielwert der amerikanischen Notenbank Fed von zwei Prozent übersteigen. Dies dürfte auch 2026 mit 2,9 Prozent der Fall sein, was einen dauerhaften Druck auf das US-Preisniveau in der mittleren Frist signalisiert. “Die turbulente protektionistische Handelspolitik der USA könnte nicht nur den Welthandel beeinträchtigen, sondern gravierende Folgen für die Preisstabilität in den USA haben”, sagte ZEW-Expertin Lora Pavlova am Mittwoch.
Die Finanzmarktexperten erwarten für Deutschland ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 0,1 Prozent im laufenden Jahr. Etwa 30 Prozent der Befragten rechnen sogar mit einem dritten Rezessionsjahr in Folge für Europas größte Volkswirtschaft. Die Wachstumsaussichten für die Euro-Zone sind etwas optimistischer: 2025 soll es zu einem Plus von 0,7 Prozent reichen. Für die USA wird trotz der Zollpolitik ein mehr als doppelt so starkes Wachstum von 1,5 Prozent vorausgesagt.
“Die aktuelle US-Handelspolitik sorgt aufgrund ihrer Dynamik für einen massiven Anstieg globaler, wirtschaftspolitischer Unsicherheit”, sagte ZEW-Präsident Achim Wambach. “Das spiegelt sich besonders deutlich in den Wachstumserwartungen der Befragten für die USA wider.” Obwohl sie im Durchschnitt positiv ausfielen, seien sich die Befragten diesbezüglich kaum einig. Im pessimistischsten Szenario könnte die US-Wirtschaft demnach in diesem Jahr um 2,5 Prozent schrumpfen.
US-Präsident Donald Trump hat im Februar Zölle auf Stahl und Aluminium von 25 Prozent oder mehr angekündigt. Am 2. April kamen noch umfassendere Importzölle hinzu. Diese beinhalten einen allgemeinen Basiszoll von zehn Prozent auf alle Importe sowie zusätzliche “Reziprozitätszölle” auf bestimmte Länder, die bis zu 125 Prozent betragen können, so das ZEW.
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)