Aufteilung des Strommarkts stößt in Deutschland auf Ablehnung

Brüssel/Berlin (Reuters) – In Deutschland stoßen europäische Vorschläge für eine Aufteilung des Strommarkts in unterschiedliche Preiszonen auf entschiedene Ablehnung.

Die Interessenverbände der Energie- wie auch der Automobilwirtschaft, BDEW und VDA, wandten sich am Montag gemeinsam gegen eine Empfehlung des europäischen Verbandes der Stromnetzbetreiber (ENTSO-E), die bisher einheitliche Zone für Großhandelspreise in bis zu fünf Preisgebiete aufzuteilen. “Eine Aufteilung des deutschen Strommarkts ist weder sinnvoll noch verhältnismäßig”, erklärten die Verbände. Die Bundesregierung müsse sich weiterhin nachdrücklich für den Erhalt der einheitlichen Stromgebotszone einsetzen. Auch die vier Betreiber der Stromübertragungsnetze in Deutschland – Tennet, Amprion, 50Hertz und Transnet BW – lehnten die Vorschläge ab.

Der europäische Verband ENTSO-E hatte im Auftrag der Europäischen Agentur für die Zusammenarbeit der nationalen Regulierungsbehörden (ACER) untersucht, ob sich durch eine Neuordnung der Strompreis-Gebotszonen im Großhandel in Europa größere Effizienz erzielen ließe. Im Ergebnis führten die Simulationsberechnungen dazu, dass die größten Wohlfahrtsgewinne in Höhe von 339 Millionen Euro im Jahr 2025 mit einer Aufteilung des bisher einheitlichen Strompreismarkts aus Deutschland und Luxemburg in fünf Gebotszonen erreicht werden könnten.

Der Verband wies darauf hin, dass eine solche Aufteilung zwar zu niedrigeren Preisen im Norden Deutschlands führen könnte, wo vor allem aus Windkraft viel Strom aus Erneuerbarer Energie erzeugt wird. Im industriereichen Süden Deutschlands könnten die Preise jedoch steigen. Insbesondere der Transport von überschüssigem Windstrom aus dem Norden in den Süden ist durch Netzengpässe begrenzt. Da im Norden oft mehr Energie erzeugt als verbraucht wird, könnten die Preise bei einer Aufteilung in mehrere Strompreiszonen dort sinken.

SCHWARZ-ROTE KOALITION BLEIBT BEI BISHERIGER REGIERUNGSLINIE

Die bisherige Bundesregierung und auch die geplante schwarz-rote Koalition lehnen eine Aufteilung Deutschlands in mehrere Preiszonen ab, vor allem wegen der möglichen Kostensteigerungen für die Wirtschaftsstandorte im Süden und Westen. “Wir halten an einer einheitlichen Stromgebotszone fest”, heißt es im Entwurf des Koalitionsvertrages von CDU, CSU und SPD. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte dies jüngst unterstrichen. “Unterschiedliche Strompreiszonen werden nicht kommen”, sagte der CSU-Chef der “Augsburger Allgemeinen”.

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) haben nun sechs Monate Zeit, sich mit den Empfehlungen zu befassen. Wenn sich die Mitgliedstaaten nicht auf das weitere Vorgehen einigen, kann die EU-Kommission mit einem eigenen Vorschlag eingreifen.

(Bericht von Kate Abnett und Holger Hansen, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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