Frankfurt/Berlin (Reuters) – Kollaps des China-Geschäfts, Trumps Strafzölle in den USA und Rückschläge im Elektroauto-Geschäft: Der erfolgsverwöhnte Stuttgarter Sportwagenbauer Porsche steuert auf schwierige Zeiten zu.
Im ersten Quartal brach der Gewinn auf ein historisch niedriges Niveau ein, und auch für den Rest des Jahres ist keine Besserung in Sicht. Finanzchef Jochen Breckner sagte am Dienstag bei der Vorlage der Geschäftsergebnisse, die makroökonomische Lage werde herausfordernd bleiben. “Dem können wir uns nicht völlig entziehen, aber wir steuern mit aller Kraft dagegen.”
Porsche rechnet im laufenden Jahr nur noch mit einer Rendite von 6,5 bis 8,5 Prozent, nachdem diese Kenngröße schon zu Jahresauftakt mit 8,6 Prozent so niedrig ausgefallen war wie noch nie in der Unternehmensgeschichte. “Wir sind nicht zufrieden mit diesem Margenziel”, sagte Breckner. Lange Zeit rangierte die Rendite um 15 Prozent, womit Porsche der profitabelste deutsche Autobauer war. An der Börse gaben die Aktien in der Spitze 7,6 Prozent auf 43,46 Euro nach und waren damit größter Verlierer im Dax. Seit Jahresbeginn summiert sich das Minus auf 19,7 Prozent. Auf ihrem Höhepunkt im Frühjahr 2023 waren die Porsche-Aktien fast dreimal so viel wert. “Der Ausblick für die Gewinnmarge von Porsche hat inzwischen das Niveau von Volumenherstellern erreicht”, schrieb Patrick Hummel, Analyst bei der UBS. Das werde die Frage aufwerfen, wo die richtige Bewertung des Unternehmens liegt.
PORSCHE GEHT IN CHINA DIE LUFT AUS
Auf dem Gipfel seines Erfolgs war Porsche beim Börsengang im Herbst 2022. Doch seither häufen sich die Probleme. In China, einst der gewinnträchtigste Markt, gerät Porsche unter die Räder, das Unternehmen findet keine Antwort auf den Elektroauto-Boom. Allein im ersten Quartal brach der Absatz um 42 Prozent ein. Breckner sagte, für das Gesamtjahr sei nur noch mit einem Absatz im 40.000er-Bereich zu rechnen. “Wir sehen nicht, dass China wieder auf das Niveau zurückkommt, das wir in der Vergangenheit hatten”, sagte Breckner.
Den Höhepunkt hatte das China-Geschäft 2021 erreicht, als Porsche mehr als 95.000 Autos in der Volksrepublik verkaufte. Doch seither hat sich der Markt dort grundlegend verändert. Porsche leidet nicht nur darunter, dass wohlhabende Chinesen sich wegen der hartnäckigen Immobilienkrise mit dem Kauf von Neuwagen zurückhalten. Vielmehr haben die Verbrenner-Sportwagen angesichts der Konkurrenz chinesischer Elektroautobauer an Attraktivität verloren. Als etwa der Elektronikkonzern Xiaomi eine Version seines Supersportwagens SU7 mit 1548 PS im Februar vorstellte, gingen nach Unternehmensangaben binnen zwei Stunden ungefähr 10.000 Bestellungen ein – das ist etwas mehr als der gesamte Porsche-Absatz in China im ersten Quartal. “Porsche ist fertig” in China, sagte Tu Le, Gründer des Beratungsunternehmens Sino Auto Insights. “Das Konzept von Porsche als goldene Marke bedeutet jüngeren Generationen in China nichts”, sagte Bo Yu, China-Experte beim Analysehaus Jato Dynamics.
Porsche-Chef Oliver Blume wies bei der Automesse in Shanghai zurück, dass sein Unternehmen direkt mit chinesischen Marken wie Xiaomi oder der BYD-Tochter Yangwang in Wettbewerb steht. Diese hätten zwar “coole Autos”, sagte er, aber ihnen fehlten die Fahreigenschaften von Porsche, und sie seien in einem niedrigeren Preissegment angesiedelt. Ein Elektro-Luxussegment hat sich nach Einschätzung des Unternehmens bislang nicht entwickelt. Blume stellte sogar in Aussicht, das Elektroauto-Geschäft in China gänzlich aufzugeben: “Wir werden in den nächsten zwei bis drei Jahren sehen, ob Porsche hier als Elektromarke existiert”, sagte er.
KEINE FERTIGUNG IN USA GEPLANT
Mit der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump liegen auch über dem US-Markt schwere schwarze Wolken. Porsche fertigt seine Autos ausschließlich in Europa und ist deswegen von den seit Anfang April geltenden Zusatzzöllen von 25 Prozent betroffen. Da den Kunden für April und Mai zugleich stabile Preise in Aussicht gestellt wurden, muss Porsche zumoindest solange die Zollkosten schlucken. Breckner sprach von Belastungen im niedrigen dreistelligen Millionenbereich allein für diese beiden Monate. Künftig soll zumindest ein Teil der Kosten an die Kunden weitergereicht werden. Breckner sagte, Porsche beobachte den Markt dazu genau. Einer eigenen Fertigung in den USA erteilte er derzeit dagegen eine Absage. Vor dem Hintergrund der geringen Stückzahlen und der Komplexität über die verschiedenen Modellreihen ergebe das keinen Sinn, weil die Kosten höher wären als die wirtschaftlichen Auswirkungen der Zölle.
Schließlich entwickelt sich auch der schleppende Hochlauf der Elektromobilität zum Hemmschuh. Porsche entwickelt deswegen neue Verbrenner- und Hybridmodelle und baut seine Batterieaktivitäten um. Dazu kommt ein Stellenabbau. Insgesamt bezifferte Porsche die Kosten dafür auf 1,3 Milliarden Euro, von denen bereits 200 Millionen Euro geflossen seien. Im März hatten sich die Stuttgarter am angeschlagenen schwäbischen Batteriezell-Hersteller Varta beteiligt. Die Batterietochter Cellforce Group soll zudem nicht alleine aufgebaut werden. Ob Porsche einen Partner sucht oder das Geschäft mit Hochleistungszellen verkaufen will, blieb offen. Aber auch dieser Schwenk sorgt für Belastungen ebenso wie Zahlungen an Zulieferer, von denen der Autobauer weniger Teile abruft als ursprünglich geplant.
Im ersten Quartal brach der Gewinn um 40,6 Prozent auf 760 Millionen Euro ein. Der Umsatz schrumpfte um 1,7 Prozent auf 8,86 Milliarden Euro. Die Zahlen fielen damit schlechter aus als erwartet: Nach Daten von LSEG hatten Analysten im Schnitt mit einem Gewinn von 871 Millionen Euro und einer Marge von 9,8 Prozent gerechnet. Seine Prognose für das laufende Jahr hatte Porsche bereits am Montagabend gesenkt.
(Bericht von Christina Amann, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter Berlin.Newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder Frankfurt.Newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)