Berlin (Reuters) – Die Nichtregierungsorganisation LobbyControl sieht erhebliche Interessenskonflikte bei einigen von CDU-Chef Friedrich Merz ausgewählten künftigen Kabinettsmitgliedern.
“Mit Frau Reiche wird eine Energieunternehmerin zur Energieministerin gemacht”, sagte Christina Deckwirth, Sprecherin von LobbyControl, zur Personalie Katherina Reiche. Die Chefin der E.ON-Tochterfirma Westenergie wird Wirtschaftsministerin. Sie werde sich in ihrer neuen Position kaum aus allen Entscheidungen zurückhalten können, die ihren jetzigen Arbeitgeber betreffen, kritisierte Deckwirth. “Es ist höchst fraglich, ob Reiche die nötige kritische Distanz und Unabhängigkeit zur Energiewirtschaft einhalten kann, um ausgewogen zu entscheiden.”
Kritisch werden auch die Ernennungen von Karsten Wildberger und Wolfram Weimer zum Digitalminister und Kulturstaatsminister gesehen. “Mit Herrn Wildberger wird nicht nur ein Unternehmer, sondern auch ein Top-Lobbyist zum Minister gemacht”, teilte LobbyControl mit. Wildberger, der bisherige Vorstandsvorsitzende der Ceconomy AG, sei Vizepräsident des mächtigen Lobbyverbands HDE und habe damit die Interessen von Konzernen wie Aldi, Lidl und Amazon vertreten. Zudem sei er Vizepräsident des CDU-Wirtschaftsrates. Der Wirtschaftsrat und der HDE zählten zu den größten Lobbyverbänden in Deutschland.
Die künftige Bundesregierung müsse sicherstellen, dass den bisherigen Arbeitgebern keine einseitigen Vorteile oder privilegierten Zugänge eingeräumt würden, hieß es weiter. Gerade das Thema Bürokratieabbau werde von Wirtschaftslobbyisten immer wieder angeführt, um Unternehmensinteressen Vorrang gegenüber anderen gesellschaftlichen Anliegen zu geben. Falls Reiche oder Wildberger Anteile ihrer Unternehmen halten, sollten sie diese gegebenenfalls freiwillig verkaufen, fordert die NGO zudem.
(Bericht von Andreas Rinke, redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)