Moskau (Reuters) – Ein Frieden in der Ukraine ist Russland zufolge nicht so rasch möglich, wie dies die USA wünschen.
Präsident Wladimir Putin sei offen für einen Frieden mit der Ukraine und arbeite zusammen mit den USA intensiv daran, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau. Allerdings sei der Konflikt so komplex, dass die von den USA geforderten schnellen Fortschritte nur schwer zu schaffen seien. Er unterstrich, dass Russlands Ziele erreicht werden müssten. Dabei würde die Führung in Moskau den friedlichen Weg vorziehen, sagte Peskow. “Was wir tun – die spezielle Militäroperation, alle Entscheidungen Putins – sind absolut richtig. Und es ist unsere Pflicht, siegreich zu sein.” Die russischen Streitkräfte setzten ihre Angriffe fort und attackierten nach ukrainischen Angaben die Städte Charkiw und Dnipro mit Schwärmen von Drohnen. Ein Mensch sei getötet und fast 50 seien verletzt worden.
“Der Präsident ist weiterhin offen für politische und diplomatische Methoden zur Lösung dieses Konflikts”, sagte Peskow vor der Presse. Putin habe seine Bereitschaft zu direkten Gesprächen mit der Ukraine bekundet. “Leider haben wir in diesem Zusammenhang keine Stellungnahmen aus Kiew gehört. Wir wissen also nicht, ob Kiew bereit ist oder nicht.”
Die Ukraine bekräftigte erneut ihre Bereitschaft zu Friedensgesprächen, sobald eine 30-tägige Waffenruhe erreicht sei. Sollte Russland zu einer Waffenruhe von 60 oder 90 Tagen bereit sein, dann sei die Ukraine auch dafür offen, sagte Außenminister Andrij Sybiha. Putin hat kürzlich eine dreitägige Waffenruhe angekündigt, die vom 8. Mai an während der Feierlichkeiten anlässlich des Sieges der Sowjetunion über Nazi-Deutschland 1945 gelten soll.
Die USA drängten Russland und die Ukraine abermals zu einer Vereinbarung zur Beendigung des Krieges. Beide sollten konkrete Vorschläge vorlegen, sagte US-Außenminister Marco Rubio und drohte erneut, anderenfalls würden die USA ihre Rolle als Vermittler aufgeben. “Wir verstehen, dass Washington in diesem Prozess einen schnellen Erfolg erzielen möchte”, sagte Peskow dazu auf Englisch. Die Nachrichtenagentur Tass zitierte ihn zudem mit den Worten, die Ursachen für die Ukraine-Krise seien zu komplex, als dass sie an einem Tag gelöst werden könnten.
Am Dienstag erklärte US-Präsident Donald Trump, er glaube, dass Putin trotz seiner Angriffe den Krieg beenden wolle. Auf die Frage, ob Putin seiner Meinung nach Frieden schließen wolle, antwortete Trump in ABC News: “Ich denke schon.” Er fügte hinzu: “Wenn ich nicht wäre, würde er, glaube ich, das ganze Land übernehmen wollen. Ich sage Ihnen, ich war nicht glücklich, als ich sah, wie Putin Raketen auf einige Städte abfeuerte.”
Russland hat am 24. Februar 2022 seine großangelegte Invasion der Ukraine begonnen und weite Teile im Osten und Süden unter Kontrolle gebracht. Bereits vorher hatte Russland die pro-russischen Separatisten im Donbass in der Ostukraine im Kampf gegen die ukrainische Armee unterstützt. Die ukrainische Halbinsel Krim, die Russland schon im Jahr 2014 annektiert hat, ist einer der großen Streitpunkte in dem Konflikt. Auf der Krim unterhält Russland seit dem 18. Jahrhundert mit Sewastopol den Hauptstützpunkt seiner Schwarzmeerflotte.
DROHNEN-ANGRIFFE AUF CHARKIW UND DNIPRO
Die russischen Streitkräfte haben der ukrainischen Luftwaffe zufolge am späten Dienstagabend und in der Nacht zu Mittwoch mit 108 Drohnen angegriffen. 50 Drohnen seien abgefangen worden. 22 seien vom Radar verschwunden, ohne dass sie ihre Ziele erreicht hätten. Hauptziel seien die Städte Charkiw und Dnipro gewesen.
In Charkiw gebe es mindestens 45 Verletzte, darunter zwei Kinder und eine schwangere Frau, erklärte der Gouverneur der gleichnamigen Region, Oleh Synjehubow. Charkiw ist nach der Hauptstadt Kiew die zweitgrößte Stadt der Ukraine und liegt nahe der Grenze zu Russland. “Es gab 16 Angriffe auf Charkiw”, schrieb Bürgermeister Ihor Terechow auf dem Kurznachrichtendienst Telegram. “Ein Hochhaus wurde getroffen, ebenso Privathäuser, eine medizinische Einrichtung und zivile Infrastruktur.”
In Dnipro, das im Südosten der Ukraine liegt, sei ein 53-jähriger Mann bei dem Beschuss ums Leben gekommen, erklärte der Gouverneur der Region Dnipropetrowsk, Serhij Lyssak, auf Telegram. Ein weiterer Mensch sei verletzt worden. “Eine schwere Nacht für Dnipro”, schrieb Lyssak. “Privathäuser wurden beschädigt.”
Zudem meldeten russische Nachrichtenagenturen unter Berufung auf das Verteidigungsministerium, es seien in der Nacht 34 ukrainische Drohnen abgefangen worden. Der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU hat eigenen Angaben zufolge eine russische Munitionsfabrik mit Drohnen getroffen. Der Angriff habe dem Werk Murom, etwa 300 Kilometer östlich von Moskau, gegolten. Dort werden einer EU-Sanktionsliste zufolge Munitionsteile hergestellt.
(Bericht von: Ron Popeski, Oleksandr Kozhukhar, Lidia Kelly, Ryan Patrick Jones; geschrieben von Sabine Ehrhardt, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)