Dobrindt will Asylsuchende zurückweisen – “Signal an die Welt”

– von Markus Wacket und Andreas Rinke

Berlin/Warschau (Reuters) – Am ersten Tag im Amt hat Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) Beschlüsse für einen verschärften Asyl-Kurs gefasst.

Migranten würden an Grenzen auch bei Asyl-Gesuchen zurückgewiesen, kündigte Dobrindt am Mittwoch in Berlin an. Eine gegenteilige Weisung aus dem Jahr 2015 werde zurückgenommen. Ziel sei, die illegale Migration schrittweise zurückzudrängen. “Die Zahlen sind nach wie vor deutlich zu hoch”, sagte er. Die Grenz-Kontrollen sollten weiter hochgefahren werden. “Es geht in dieser Frage um Klarheit, Konsequenz und Kontrolle.” Damit werde ein Signal an Europa und die Welt gesendet, dass Deutschland einen Kurswechsel vornehme. Der SPD-Innenexperte Lars Castellucci äußerte sich mit Blick auf Deutschlands Nachbarn skeptisch. Polens Ministerpräsident Donald Tusk warnte beim Besuch von Kanzler Friedrich Merz vor einseitigen Schritten und der Behinderung des Grenzverkehrs.

ZURÜCKWEISUNG VON ASYL-GESUCHEN UMSTRITTEN

Die Zurückweisung von Asylsuchenden ist juristisch umstritten. Dobrindt sagte, er beziehe sich auf Paragraf 18 des Asylgesetzes. Dort ist geregelt, dass die Einreise verweigert werden kann, wenn jemand aus einem sicheren Staat einreist. Alle Nachbarstaaten in Deutschland gelten als sicher. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass dies nur in Abstimmung mit den Nachbarländern geschehen soll. Dobrindt sagte, er sei in ständigen Gesprächen mit den Nachbarn. Zudem sollten vulnerable Gruppen – Dobrindt nannte Kinder oder Schwangere – von der Regelung ausgenommen werden. “Es geht nicht darum, dass wir morgen anfangen, alle im vollen Umfang zurückzuweisen.”

KOALITIONSPARTNER SPD MAHNT – POLEN WARNT

SPD-Innenexperte Castellucci zeigte sich dennoch im Gespräch mit Reuters skepzisch: “Es besteht sowohl das Risiko, dass der humanitäre Grundgedanke verletzt wird, als auch dass Deutschland in Konflikt mit seinen Nachbarstaaten gerät” Wenn Asylsuchende an den Grenzen zurückgewiesen würden, müsse der Nachbarstaat einverstanden sein. “Wenn dies nicht gesichert ist, tauchen Migranten ab und reisen später auf anderem Wege wieder ein. Damit wird die illegale Migration nur scheinbar bekämpft.” Die deutschen Grenzen mit einer Länge von fast 4000 Kilometern seien nicht lückenlos zu überwachen.

Polens Ministerpräsident Tusk forderte Merz auf, keine einseitigen Schritte vorzunehmen. Polen haben massiv in den Schutz der EU-Außengrenzen investiert, aber nicht den der Binnengrenzen, in denen der Pendlerverkehr nicht behindert werden sollte, sagte Tusk in Warschau nach einem Treffen mit Merz. “Ich verstehe das Bedürfnis nach verstärkten Grenzkontrollen. Aber das sollte vor allem für die Außengrenzen gelten.”

Merz vermied eine klare Aussage zu Dobrindt, betonte aber die nötigen Absprachen mit den Nachbarländern. “Wir werden auch Grenzkontrollen vornehmen in einer Art und Weise, die für unsere Nachbarn verträglich ist.” Er habe noch auf dem Weg nach Warschau mit Dobrindt telefoniert und “ihn auch gebeten, diesen Kontakt jederzeit zu suchen mit den europäischen Nachbarn.

Bundespolizeipräsident Dieter Romann nannte die bisherigen Grenzkontrollen bereits außerordentlich erfolgreich. Dabei sei nicht nur illegale Migration eingedämmt worden. Es sei auch eine Vielzahl von Menschen aufgegriffen worden, die etwa per Haftbefehl gesucht wurden. Die Zahl der Bundespolizisten werde daher an den Grenzen erhöht, sagte Dobrindt. Eine Zahl nannte er nicht. Die “Bild” hatte von einer Aufstockung um 2000 bis 3000 auf bis zu 14.000 an den Außengrenzen Deutschlands gesprochen.

Die Migration war ein zentrales Thema im Wahlkampf. In den vergangenen Monaten hatte es mehrere tödliche Attacken von überwiegend Arabischstämmigen in Deutschland gegeben. Dabei wurden auch ein Polizist sowie ein Kleinkind getötet. Dies hatte den Ruf nach einer Verschärfung des Asyl-Kurses lauter werden lassen. Das Thema hat sich vor allem die AfD auf die Fahnen geschrieben, die als zweitstärkste Kraft aus der Bundestagswahl im Februar hervorging.

(Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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