Trumps Forderung nach Zinssenkung läuft ins Leere: Fed “nicht in Eile”

Washington/Berlin (Reuters) – Die US-Notenbank Federal Reserve lässt die Forderung von Präsident Donald Trump nach einer raschen Zinssenkung kalt.

Die unabhängigen Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell beließen den Leitzins am Mittwoch in einer einstimmigen Entscheidung in der Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent. Trump hatte Powell erst vor wenigen Tagen erneut gedrängt, die Zinsen zu senken. Der Fed-Chef betonte, die Zwischenrufe aus dem Weißen Haus hätten keinen Einfluss auf die Arbeit der Zentralbank: “Wir sind in einer guten Position, um abzuwarten und haben es nicht eilig.”

Die Fed will mehr Klarheit darüber, wie sich der von Trump angezettelte Zollkonflikt in den USA auswirkt. Bislang zeigten sich noch keine großen wirtschaftlichen Auswirkungen in den Daten, betonte Powell. Perspektivisch könne es zu Zinssenkungen oder auch zu einer Beibehaltung des jetzigen Niveaus kommen – je nachdem, wie sich die Wirtschaft entwickele.

Die US-Wirtschaft war Anfang des Jahres leicht geschrumpft, nachdem sie lange Zeit florierte. Die Unsicherheit über den Konjunkturausblick habe weiter zugenommen, erklärten die Währungshüter. Er soll für Preisstabilität sorgen und zugleich Vollbeschäftigung fördern: “Der Ausschuss ist sich der Risiken für beide Seiten seines Doppelmandats bewusst und kommt zu dem Schluss, dass die Gefahr einer höheren Arbeitslosigkeit und einer höheren Inflation gestiegen ist.”

Am 2. April verhängte Trump Zölle von zehn Prozent gegen Importe aus den meisten Ländern, zusammen mit höheren Zollsätzen für viele Handelspartner, die dann aber nach Turbulenzen am Finanzmarkt für 90 Tage ausgesetzt wurden. Er hat auch 25 Prozent Zölle auf Autos, Stahl und Aluminium, 25 Prozent Zölle gegen Kanada und Mexiko sowie 145 Prozent Zölle gegen China verhängt. Trumps Regierung verhandelt nach eigenen Angaben mit mehreren Ländern über Handelsabkommen, die die höheren Zölle abwenden könnten.

ZINSSENKUNG IM JULI?

Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank erwartet, dass die Fed weiter auf Sicht fahren wird: “Die bereits verhängten Zölle bergen das Risiko, dass die Inflationsraten in den kommenden Monaten anziehen könnten. Fed-Chef Powell möchte vor der nächsten Zinssenkung die Inflationsgefahren gebannt sehen.” Dies werde auch auf der nächsten Sitzung im Juni nicht der Fall sein, prognostiziert der Experte.

Händler an den Terminmärkten halten es für wahrscheinlich, dass eine Lockerung bis Juli auf sich warten lässt. “Zwar betonte Powell, dass man bei Bedarf auch rasch handeln könne. Aktuell sieht es aber ganz danach aus, als würde die Fed noch länger abwarten, bis sie die Leitzinsen senkt”, so das Fazit von Commerzbank-Experte Bernd Weidensteiner.

Powells Auftritt vor der Presse sorgte an der Wall Street für eine leichte Achterbahnfahrt. Die wichtigsten Indizes drehten während der Konferenz zwar ins Plus beziehungsweise bauten ihre Verluste zum Teil ab. Im Anschluss gaben sie jedoch wieder nach und lagen am Ende wieder im Plus. Trump hat mit seiner von Kritikern als erratisch bezeichneten Zollpolitik auch für Turbulenzen an den Finanzmärkten gesorgt, die durch seine wiederholten Tiraden gegen Powell noch befeuert wurden. Denn durch die Attacken kamen Zweifel auf, ob die Unabhängigkeit der Federal Reserve auf Dauer bewahrt bleiben kann.

Zuletzt betonte Trump aber in einem Interview, dass er den noch regulär bis Mai 2026 amtierenden Notenbankchef nicht vorzeitig ablösen werde. Powell wollte sich vor der Presse auf Nachfrage nicht dazu äußern. Er werde allerdings niemals die Initiative für ein Treffen mit einem US-Präsidenten ergreifen, stellte der Fed-Chef klar.

Die Forschungsdirektorin am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW), Lena Dräger, verwies darauf, dass die Fed vor einem Dilemma stehe. Halte sie die Zinsen weiterhin konstant, werde der politische Druck von Trump wohl steigen: “Senkt sie jedoch die Zinsen, zum Beispiel um einer drohenden Rezession entgegenzuwirken, könnte dies unabhängig von der ökonomischen Begründung als Verlust ihrer institutionellen Autonomie verstanden werden.” Dies hätte nach Ansicht der Expertin womöglich einen dauerhaften Vertrauensverlust an den Finanzmärkten mit unabsehbaren Folgen für den Dollar zur Folge.

(Büro Washington, Ann Saphir, geschrieben von Reinhard Becker, Mitarbeit Zuzanna Szymańska, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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