Bas soll SPD-Chefin werden – Klüssendorf Generalsekretär

– von Markus Wacket

Berlin (Reuters) – Die SPD schließt die Neu-Aufstellung ihrer Parteispitze nach der verlorenen Bundestagswahl ab.

Arbeitsministerin Bärbel Bas soll auch SPD-Co-Vorsitzende werden, wie die Parteichefs der NRW-SPD, Achim Post und Sarah Philipp, am Montag nach Gremiensitzungen der Bundes-SPD bestätigten. “Ich freue mich sehr darüber, dass Bärbel Bas den Vorsitz der SPD übernehmen möchte. Sie ist die richtige Person zur richtigen Zeit”, sagte Philipp. Bas kommt wie Philipp und Post aus dem Landesverband NRW. Der Parteilinke Tim Klüssendorf werde das Amt des Generalsekretärs übernehmen, bestätigten sie ebenfalls. Der Posten war freigeworden, da Matthias Miersch zum Fraktionschef der Sozialdemokraten gewählt wurde.

Die frühere Bundestagspräsidentin Bas galt bereits seit längerem als interessiert und Favoritin für den Posten der Parteichefin. Der Weg ist auch frei, weil die umstrittene bisherige Co-Chefin Saskia Esken am Sonntag ihren Verzicht auf eine neue Kandidatur beim Parteitag Ende Juni erklärt hatte. Es gilt als sicher, dass Vize-Kanzler und Finanzminister Lars Klingbeil sich erneut zur Wahl zum Parteichef stellen wird.

Wie Esken gehört Bas zwar dem linken Parteiflügel an, genießt aber auch bei der konservativen Parteiströmung des “Seeheimer Kreises” Respekt. Zudem kommt die 57-Jährige aus dem starken Landesverband Nordrhein-Westfalen, der sich in der letzten Wahlperiode zu wenig in Berlin berücksichtigt sah.

BAS MIT IDEALTYPISCHER SPD-BIOGRAFIE

Schon die Biografie von Bas spiegelt vieles wider, das lange als typisch für die Sozialdemokraten galt: Sie stammt aus eher einfachen Verhältnissen und einer Familie mit sechs Kindern. Ihr Vater war Busfahrer, die Mutter Hausfrau. Sie wuchs in Duisburg-Walsum auf, ein Ortsteil geprägt durch die Stahlindustrie. Das Ruhrgebiet gilt auch als Herzkammer der Sozialdemokratie. Den Aufstieg schaffte sie ohne klassisches Abitur und nach einigen Hindernissen. Ihr erster Berufswunsch als technische Zeichnerin erfüllte sich nach zahlreichen Absagen nicht. Sie machte zunächst eine Ausbildung bei der Duisburger Verkehrsgesellschaft und bildete sich dann weiter fort.

Mit 20 Jahren trat sie in die SPD ein, engagierte sich als Betriebsrätin und zunächst als Jugend- und Azubi-Vertreterin. Sie habe nie mit ihrer Meinung hinterm Berg gehalten und wenn man klare Positionen vertrete, werde man auch gewählt, sagte sie einmal. So wurde sie Chefin des Juso-Unterbezirks Duisburg und zog in den Stadtrat ein.

Seit 2009 ist sie im Bundestag. Sie wurde parlamentarische Geschäftsführerin und 2019 Vize-Fraktionschefin. Im Oktober 2021 trat sie das Amt der Bundestagspräsidentin an. Dort machte sie sich einen Namen als konsequente Organisatorin und erteilte in den Debatten viele Ordnungsrufe.

Der 33-jährige Betriebswirt Tim Klüssendorf hingegen ist öffentlich noch weitgehend unbekannt. Er ist Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD und hat seinen Wahlkreis in Lübeck. Seit 2021 sitzt er im Bundestag.

Bas und Klüssendorf könnten als Gegengewicht in der Partei zu Lars Klingbeil gesehen werden. Seine Machtfülle als Vize-Kanzler, Finanzminister und Parteichef wird in der Partei gerade von der Linken kritisiert. Dabei habe er genau wie Esken die Wahlniederlage im Februar mitzuverantworten. Klingbeil gehört zur konservativen SPD-Strömung des “Seeheimer Kreises”.

(Redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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